Frage an Dorothee Bär von Urs S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Bär,
sicher sind Ihnen die folgenden Zitate geläufig:
Bayerische Staatszeitung, 10. August:
"Ich halte gar nichts von dem Betreuungsgeld. Die Prämie dient allein dazu, konservative Wählerschichten ruhig zu stellen, die aushäusige Kinderbetreuung ablehnen."
Berliner Tagesspiegel, 7. August:
"Ich befürchte, dass vor allem sozial schwache Familien ihre Kinder zu Hause erziehen werden, damit sie das Betreuungsgeld bekommen. Die Kinder aus diesen Familien verpassen dann die hochwertige Erziehung in den Krippen. Der Anspruch auf Betreuungsgeld darf nicht an die Bedingung gekoppelt werden, dass die Kinder keine Krippe besuchen."
Die Welt, 17. Februar:
"Sehr viele meinen noch immer, ein Kind gehöre in den ersten drei Jahren ausschließlich zur Mutter. Dabei ist es erwiesen, dass es Kindern nicht schadet, wenn sie schon vor ihrem dritten Geburtstag in den Kindergarten kommen."
Abendzeitung, 16. Februar:
"Kindern tut es gut, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein [...]. Dieses Familienbild, das jetzt von den Traditionalisten beschworen wird, hat es doch noch nie gegeben. Jede Bauersfrau hat früher auf dem Feld mitgeholfen. Auch heute kann eine Mutter nicht 24 Stunden am Stück ihr Kind bespaßen."
Alles diese Zitate aus dem Jahr 2007 stammen von Ihnen (mit Dank an die
SZ). Bitte erklären Sie mir ausführlich, womit Sie Ihren radikalen Sinnungswandel begründen.
Mit freundlichen Grüßen
Urs Schaefer-Rolffs
Sehr geehrter Herr Schaefer-Rolffs,
mir ist es schon immer um wirkliche Wahlfreiheit für Familien gegangen, das habe ich stets betont. Ich war eine der ersten in meiner Partei, die sich für den Ausbau von Krippenplätzen ausgesprochen hat und genauso für das Elterngeld. Als dritte Säule hat dabei für mich immer das Betreuungsgeld dazugehört. Meine Kritikpunkte - dass in den ersten Ideen beispielsweise die Möglichkeit gefehlt hat, bei Betreuungsgeldbezug berufstätig zu sein - sind im vorliegenden Gesetzentwurf eingearbeitet. Die von Ihnen genannten Zitate sind nur teilweise wiedergegebene Aussagen von mir und nicht im Zusammenhang erläutert.
Völlig unhaltbar ist jedoch Ihr Vorwurf, ich hätte meine Meinung geändert und würde dazu nicht stehen. Wenn ich meine Meinung ändere, stehe ich dazu, wie ich das in anderen Bereichen - zum Beispiel der Netzpolitik - getan habe. Für uns alle zentral muss es doch sein, dass die einzelnen Betreuungsmodelle von Familien genauso wenig gegeneinander ausgespielt werden wie die einzelnen Säulen unserer Familienpolitik.
Viele Grüße,
Ihr Dorothee Bär