Frage an Dorothee Bär von Florian K. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Bär,
warum sprechen Sie sich bislang gegen die Pläne der Familienministerin aus, künstliche Befruchtungen wieder stärker finanziell zu fördern?
Die Regelung der rot-grünen Bundesregierung von 2005, derzufolge Betroffene für die ersten drei IVF- / ICSI-Versuche die Hälfte der Kosten selbst tragen müssen, belastet gerade Geringverdiener enorm und führt m.E. dazu, dass eine kinderarme Gesellschaft an der völlig falschen Stelle spart. Gegenüber geburtenreicheren Ländern in Europa hat Deutschland auch in puncto Förderung künstlicher Befruchtungen (Umfang der Förderung; Anzahl der geförderten Versuche) enormen Aufholbedarf (vgl. http://www.heute.de/ZDFheute/pda/inhalt/0,3729,8401640_counter:3-openerType:image-p:8401640,00.html). Womit werden Sie dieser m.E. verfehlten Politik entgegensteuern?
Kinderlosigkeit aufgrund der eigenen physischen Konstitution ist von der Weltgesundheitsorganisatino als Krankheit anerkannt. Warum werden die Folgen nur zur Hälfte von der KV übernommen, während das deutsche Gesundheitswesen die Pharmaindustrie in anderen Bereichen gleichzeitig mit aberwitzig hohen Medikamentenkosten subventioniert?
Mit dem Rückgang der Förderung sind die durchgeführten Versuche enorm eingebrochen (jedenfalls insofern man die um ohnehin nicht geförderte Kryo-Zyklen bereinigte Statistik berücksichtigt, http://www.wunschkinder.net/aktuell/gesellschaft/politik/dorothee-bar-hat-bedenken-4900/ ). Die von Ihnen vertretene Auffassung, die mögliche Erfolglosigkeit von Behandlungen belasteten die betroffenen Frauen sehr stark (ebd.), ist sicher richtig; ich kann darin aber aus zwei Gründen kein logisch nachvollziehbares Argument gegen eine stärkere Förderung erkennen. Erstens tut der Staat gut daran, den Betroffenen die Entscheidung über ihre persönliche Belastungsfähigkeit selbst zu überlassen. Zweitens sorgen finanzielle Hindernisse bei der IVF / ICSI ganz sicher nicht für eine Entlastung der Betroffenen.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Kraemer.
Sehr geehrter Herr Kraemer,
vielen Dank für Ihre Frage.
Es ist richtig, dass ich Bedenken gegen die Pläne des Bundesfamilienministeriums geäußert habe, die Kinderwunschbehandlung aus Steuermittel zu fördern - über die anteilige Kostenerstattung durch die GKV hinaus, die ich nicht in Frage stelle. Ich habe mir die Freiheit genommen, auf emotionale und gesundheitliche Risiken hinzuweisen, die mit der künstlichen Befruchtung verbunden sind und die die Paare sehr belasten können. Natürlich sollen die Paare selbst entscheiden, ob sie bereit sind, diese Belastungen auf sich zu nehmen. Nur wissen eben viele Paare überhaupt nicht, was mit einer Kinderwunschbehandlung auf sie zukommt. Das zeigt eine Studie der Ruhr-Universität Bochum aus diesem Jahr. Danach sind besonders die Frauen auf die Achterbahnfahrt der Gefühle nicht angemessen vorbereitet. Über körperliche Risiken fühlen sie sich von den behandelnden Ärzten gut aufgeklärt, nicht aber über die emotionalen Belastungen.
Da sich die Mehrheit meiner Fraktion für die zusätzliche Förderung der Kinderwunschbehandlung aus Steuermitteln ausgesprochen hat, trage ich diese Entscheidung mit. Meinen Bedenken wurde dadurch Rechnung getragen, dass wir versuchen werden, die psychosoziale Beratung vor einer Behandlung zu verbessern, damit die Paare gut informiert die Entscheidung für eine künstliche Befruchtung treffen können.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dorothee Bär