Frage an Dorothee Bär von Gerhard R. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Bär.
Sie und ihre Partei gelten als besonders entschiedene Verfechter einer Lösung, die den unehelichen Vater eines Kindes zunächst mal, wie bisher, vom gemeinsamen Sorgerecht ausschließt und es ihm überlässt, zu beweisen, dass er auch geeignet ist, über das Leben seines Kindes mitzubestimmen.
Entscheiden soll in jedem strittigen Fall das Familiengericht.
Da es so kurz nach der Geburt ja kaum praktische Erfahrungen geben kann, ob der Vater oder auch die Mutter geeignet sein werden, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien, ihrer Meinung nach, ein Richter diese Frage entscheiden soll.
Soll es einen festen Katalog von Kriterien geben, den ein Richter anzuwenden hat, oder bleibt es alleine seinem Gutdünken überlassen?
Sollen ausschließlich erwiesene Straftaten einen Ausschluss rechtfertigen, oder soll es auch zukünftig reichen, dass eine Mutter Probleme fühlt, fürchtet, behauptet oder schafft um den Vater auszuschließen?
Die Studie im Auftrag des BMJ zu diesem Thema hatte ergeben, dass Mütter das GSR keineswegs ausschließlich aus hehren Motiven ablehnen, sondern durchaus egoistische Gründe anführen.
Wie wollen Sie also einen möglichen mütterlichen Missbrauch ihrer Privilegien verhindern?
Da Sie ja bereits seit 2009 intensiv an einer Lösung arbeiten, haben Sie sich über diese Fragen ja sicher auch schon Gedanken gemacht, daher würde ich mich über eine konkrete Antwort freuen.
mfG
Gerhard Raden
Sehr geehrter Herr Raden,
ich habe schon mehrfach – auch auf „abgeordnetenwatch“ - zur Position der Union zur Neuregelung des gemeinsamen Sorgerechts bei nicht miteinander verheirateten Eltern Stellung bezogen. Gerne tue ich es nochmals:
Ziel des gemeinsamen Vorschlags der Familien- und Rechtspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es, die gemeinsame Sorge auch für nicht miteinander verheiratete Eltern zur Regel werden zu lassen. Wir wollen erreichen, dass möglichst viele Eltern schon vor der Geburt oder direkt zu Beginn des Lebens des Kindes eine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben, weil hierdurch die Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern gestärkt wird, die für eine förderliche Wahrnehmung des Sorgerechts und für die Eltern-Kind-Beziehung von entscheidender Bedeutung ist. Eine bewusste und freiwillige Entscheidung der Eltern, gemeinsam die tatsächliche und rechtliche Verantwortung für ihr Kind tragen zu wollen, ist viel besser als ein gesetzlicher Automatismus oder ein Gerichtsurteil, durch das das Sorgerecht zwangsweise geregelt wird. Dies entspricht auch unserem christlichen Menschenbild, mit dem sich staatliche Einmischung nur dort verträgt, wo die Beteiligten nicht zu einer eigenverantwortlichen Regelung ihrer Lebensverhältnisse in der Lage sind. Wir wollen daher die Anreize, eine gemeinsame Sorgeerklärung im Interesse des Kindeswohls abzugeben, weiter verstärken.
Nur wenn die Mutter in die gemeinsame Sorge nicht einwilligt, hat sie nach der Geburt zunächst die Alleinsorge. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil feststellt, steht die Alleinsorge der Mutter nach der Geburt mit der Verfassung im Einklang, denn das Kindeswohl verlangt, dass ab der Geburt eine Person rechtsverbindlich für das Kind handeln kann. Der Vater hat dann die Möglichkeit, über das Jugendamt oder andere Mediatoren den Vermittlungsweg einzuschlagen. Erst wenn keine Einigung erzielt werden kann, soll das Familiengericht eingeschaltet werden.
Wenn die Mutter keine tragfähigen Gründe vorweisen kann, die im Interesse des Kindes gegen ein Sorgerecht auch des Vaters sprechen, muss sie bereits seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes damit rechnen, dass das Familiengericht auf Antrag des Vaters die Sorge den Eltern gemeinsam zuspricht. Schon um ein entsprechendes gerichtliches Verfahren (und die damit verbundenen Kosten und Anstrengungen) zu vermeiden, werden sich Mütter viel eher als vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu bereitfinden, mit dem Vater, der seine Elternverantwortung ernsthaft wahrnehmen will, über dessen Wunsch zu sprechen und eine gemeinsame Sorgeerklärung abzugeben.
Noch eine Bemerkung zu Ihrem Eingangssatz: Auch andere Parteien – inzwischen auch unser Koalitionspartner – lehnen die automatische gemeinsame Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern ab. Denn diese Lösung verkennt, dass keineswegs immer von einer tragfähigen Beziehung zwischen den Eltern ausgegangen werden kann, die gewährleistet, dass die Ausübung gemeinsamer Sorge ohne erhebliche Konflikte verläuft und das Kindeswohl nicht beeinträchtigt. Zudem würde auch ausgeblendet, dass nicht alle Väter nichtehelicher Kinder willens sind, mit der Mutter gemeinsam Sorge für ihr Kind zu tragen.
Mit freundlichen Grüßen
Dorothee Bär MdB