Frage an Dorothee Bär von Alexander K. bezüglich Familie
Sehr gehrte Frau Abgeordnete!
Ich habe vorletzte Woche mitbekommen, dass uneheliche Kinder jetzt auch vom Vater betreut werden dürfen. Wie sieht die Gesetzesänderung im Detail aus? Werden allein sorgeberechtigte Mütter jetzt einen Teil der Verantwortung abgeben müssen, oder muss der ledige Vater vor Gericht ziehen, damit er für seine Kinder sorgen kann?
Wird das Urteil im Sinne der Gleichberechtigung auch der Männer und mit ihnen der Kinder und Familien umgesetzt werden, oder läuft es darauf hinaus, Müttern, egal wie, eine Vorrangstellung, wenigstens einen zeitlichen Vorsprung, zu bewahren? Was ist bei "Vater unbekannt" ? Wird die Mutter Sanktionen zu spüren bekommen, die absichtlich nicht zur Vaterschaftsklärung beiträgt sowie Kind und Vater dadurch voneinander trennt? Wird nun auch endlich das Anfechten von Vaterschaften, die noch nicht anerkannt sind, erleichtert bzw. überhaupt erst einmal möglich gemacht? Oder beharrt der Gesetzgeber auf alten ideologischen Schranken der Abwertung des Familienlebens durch eine Glorifizierung der standesamtlichen Eheschließung (weder Kinder noch Väter werden ferner hier genannt, sondern explizit nur "die Mutter") in Artikel 6 unserer Verfassung?
Servus,
Alex Kaltenhöfer
Sehr geehrter Herr Kaltenhöfer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. In Deutschland erhält der uneheliche Vater nicht automatisch mit Geburt des Kindes das Sorgerecht. Dies wird im Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs vom 3. Dezember 2009 auch nicht kritisiert. Der Europäische Menschengerichtshof bemängelt vielmehr, dass die deutschen Gerichte im konkreten Fall nicht geprüft haben, ob eine gemeinsame Sorge beider Eltern dem Wohl des Kindes besser entsprochen hätte.
Eine pauschale gesetzliche Regelung für alle Fälle würde den unterschiedlichen Lebensumständen von nichtverheirateten Eltern nicht gerecht werden. Daher lehne ich eine gemeinsame Sorge für unverheiratete Eltern kraft Gesetz ab. Entscheidend muss das Kindeswohl sein. Entsprechend des Urteil des Europäischen Menschengerichtshofs hielte ich es für richtig, wenn in Zukunft im Einzelfall durch das Familiengericht geprüft wird, ob eine gemeinsame Sorge im Interesse des Kindes liegt(, und dann der Vater auch gegen den Willen der Mutter das gemeinsame Sorgerecht erhält). Anhaltspunkte für eine solche am Kindeswohl orientierte Einzelfallprüfung könnten sein, wenn der Vater über einen längeren Zeitraum gezeigt hat, dass er in der Lage und willens ist, für das Kind zu sorgen und eine Kommunikation und Kooperation über sorgerechtsrelevante Punkte zwischen den Eltern grundsätzlich möglich ist. Zurzeit wird eine vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene Studie erstellt. Wenn diese vorliegt, werden wir im Deutschen Bundestag über weitere Schritte debattieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dorothee Bär