Frage an Dilek Kalayci von Uwe J. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Kolat,
das Engagement der Bürger in Neu-Friedenau zur Verbesserung des Wohnumfeldes rund um den Dürerplatz ist großartig und trägt durch die Umgestaltung des Platzes optisch auch erste Früchte.
1. Welchen politischen Druck werden Sie aufbauen, damit Herr Brauner in die Substanz des dortigen "Sozialpalastes" investiert?
2. Die soziale Durchmischung ist vor Ort nicht mehr gegeben. In wie fern setzen Sie sich dafür ein, dass die Belegungspraxis sich ändert?
Mit besten Grüßen
U. Jensen
Sehr geehrter Herr Jensen,
ich selbst war aktiv an der Gründung der Dürerplatz-Initiative beteiligt und habe erste Kontakte zu den Stadträten hergestellt, damit Verwaltung sich öffnet für Bürgerinitiativen, die ihr Wohnumfeld verbessern wollen. Als Gründerin der Rheinstraßen-Initiative weiß ich es zu schätzen, wenn Bürgerinnen und Bürger selbst Hand anlegen, mit Ideen die Stadtentwicklung prägen und gemeinsam die Attraktivität der Einzelhandelsstraße verbessern. Die Initiative hat über viele Jahre mit kleinen Schritten und viel Engagement zur Verschönerung des Platzes beigetragen. Letzte Woche habe ich Friedenauerinnen und Friedenauer zu einer Radtour eingeladen. Wir haben auch am Dürerplatz Halt gemacht und Herrn Kühnel von der Bürgerinitiative getroffen. Er informierte uns über den aktuellsten Stand der Planungen. Der Platz ist verschönert worden. Die fast abgeschlossenen Baumscheibenarbeiten, das Kunst-Graffiti an der Autobahnwand, die Sitzbank und der von der Künstlerin Edna Bey bemalte Stromkasten verleihen dem Platz eine schönere Atmosphäre. Die Initiative hat noch weitere gute Ideen, wie Baumbeleuchtung anzubringen oder ein Platzcafe einzurichten. Ich teile Ihre Meinung, dass trotz der vielen Verbesserungen auf dem Platz das Haus des Eigentümers Brauner ein ungelöstes Problem ist.
1. Der Eigentümer ist bekannt dafür, dass er auf Schreiben, die die Situation vor Ort beschreiben und thematisieren, nicht eingeht. Auch Hauseigentümer tragen eine soziale Verantwortung. Leider gehört dieser Eigentümer nicht zu denen, die diese Verantwortung annehmen. Die Einnahmen und Realisierung von Renditen spielen eine größere Rolle, als zur sozialen Stabilisierung des Wohnumfeldes beizutragen. Ich habe Kenntnis von diversen erfolglosen Versuchen, mit dem Eigentümer in Kontakt zu treten. Ich nehme gerne Ihre Anregung auf und versuche es als Abgeordnete erneut mit einem Schreiben an den Eigentümer.
Nicht umsonst steht im Grundgesetz, dass Eigentum verpflichtet. Leider fehlt der Politik hier die Handhabe, den Eigentümer zum Handeln zu verpflichten. Politischen Druck aufzubauen, finde ich jedoch richtig und wichtig. Ich werde in Zusammenarbeit mit der Dürerplatz-Initiative ein Handlungskonzept besprechen, um auch den öffentlichen und politischen Druck zu erhöhen.
Ein anderes positives Beispiel: Unsere Bezirksbürgermeister Herr Band hat in den letzten Monaten die Eigentümer von Häusern entlang der Einzelhandelsstraßen Tempelhofer Damm und Rheinstraße eingeladen. Die Beteiligung war groß. Über diesen Weg kann man gemeinsames Vorgehen mit den Eigentümern verhandeln. Wenn diese jedoch solchen Einladungen nicht folgen, haben wir leider keinen Hebel, um ihre Beteiligung zu bewirken.
Um den öffentlichen Druck zu erhöhen, bedarf es jedoch mehr als ein Schreiben einer Abgeordneten. Ich würde gerne das Thema mit der Dürerplatz-Initiative erörtern.
2. Wir müssen trotz des Problems mit dem Eigentümer, der sich nicht kümmert, mit der jetzigen Situation umgehen. Hier muss der Dialog mit den Mieterinnen und Mietern des Hauses und der anderen Anwohnerinnen und Anwohner und Teilnehmer der Bürgerinitiative verstärkt werden. Hierfür ist arabischsprachige Unterstützung sehr hilfreich. Ich habe mit unserem Innensenator Körting den Verein KIDÖB in der Cranachstraße vor kurzem besucht. Dort konnten wir auch erfahren, dass der arabische Frauenverein Al Nadi mit den arabischen Familien aus dem Haus Kontakt aufgenommen hat. Es ist wichtig, dass man sich über gemeinsame Verhaltensregeln verständigt. Auch wenn ich selber nicht arabischer Herkunft bin, würde ich mich hier, gemeinsam mit dem Verein, vor Ort für die Vermittlung und Vermeidung von Konflikten einsetzen.
3. Was die Belegungspraxis angeht, wurden in der gesamten Stadt in der Vergangenheit Fehler gemacht. Aus diesen Fehlern wurde gelernt und Konsequenzen gezogen. Die Belegungspolitik der öffentlichen Hand hat sich grundlegend verändert. Beispielsweise haben wir die Fehlbelegungsabgabe komplett abgeschafft, und im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gibt es inzwischen gar keine Belegungsbindung mehr. Die Konzentration von Familien mit sozialen Problemen, wie beispielsweise im Sozialpalast, hat zu Folgeproblemen geführt, die im Nachhinein schwierig zu beheben sind. Es liegt in der Verantwortung des Eigentümers, auf die soziale Mischung in einem Haus oder Quartier zu achten - gerade im eigenen Interesse. Jedoch ist es für Eigentümer bequem, Mieterinnen und Mieter zu haben, die Transferleistungen erhalten. Wobei ich das Problem nicht auf die kulturelle oder ethnische Herkunft reduziert wissen will. Die Konzentration von Mieterinnen und Mieter aus einem Kulturbereich allein stellt nicht das Problem dar, sondern die soziale Zugehörigkeit.
Ich hoffe, wir finden Gelegenheit später über die Ergebnisse der Bemühungen zu sprechen. Falls Sie es ohnehin nicht schon tun, lade ich sie ein, in der Dürer-Initiative mitzuwirken.
Herzliche Grüße
Dilek Kolat