Frage an Dilek Kalayci von Hellmuth Z. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr verehrte Frau Kolat,
einem der jüngsten Polit-Magazine (ZDF) war zu entnehmen, dass die gesunkene Geburtenrate demnächst die Schulen erreichen wird. FinanzpolitikerInnen sollen schon begehrlich auf die sich daraus ergebenden Einsparungspotenziale schielen. Halten Sie es als maßgeblich Mit-Verantwortliche für den Berliner Haushalt für angemessen, einen Teil der objetiv einzusparenden Mittel gleichwohl bei den Schulen zu belassen, um die individulle Förderung und die SchülerInnen/LehrerInnen-Relation zu verbessern? Wenn ja, in welchem Umfang (Quote) wäre dies für den Berliner Haushalt der kommenden Jahre nach Ihrer Einschätzung zu verkraften?
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen vorab und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Hellmuth W. Zechpeter
Sehr geehrter Herr Zechpeter,
entschuldigen Sie bitte meine späte Beantwortung Ihrer Frage. Ich wollte mich zunächst noch über die aktuellen Zahlen informieren.
Die sinkenden Geburtenraten haben schon längst Berlin erreicht. Hier die Entwicklung der Schülerzahlen an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Berlin
Ist-Schülerzahl 2000/2001: 361.223
Ist-Schülerzahl: 2005/2006: 321.187
Modellrechnung 2015/2016: 294.570
Um die Schüler-Lehrer-Relation zu halten, hätte Berlin parallel zum Rückgang der Schülerzahlen 2.100 Lehrerstellen abbauen müssen.
Ich erachte es für richtig, den Rückgang der Schülerzahl zu nutzen, um mehr Lehrerinnen und Lehrer im Schulsystem zu belassen. Wir haben im Parlament beschlossen, nicht das gesamte Einsparpotential auszuschöpfen, sondern ein Großteil in den Schulen zu belassen. Wir haben beim Beschluss des Landeshaushaltes den Rückgang der Schülerzahl genutzt, um in pädagogische Verbesserungen zu investieren, indem wir nicht im gleichen Umfang des Schülerrückgangs auch Lehrerstellen abbauen, sondern weniger.
Mit diesem Effekt bekommt das Berliner Schulsystem 1.400 Lehrerstellen zusätzlich. Diese zusätzlichen Stellen wurden u.a. für folgende Maßnahmen der pädagogischen Verbesserungen in den letzten Jahren eingesetzt:
- Fremdsprachenfrühbeginn in den Klassen 3 und 4
- Staatliche Europaschulen Berlin, Internationale Schule, bilinguale Züge
- Frequenzsenkung für Klassen mit hohen Anteil Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache
- Leseförderung in der Klassenstufe 2
- Aufstockung der Schulpsychologen
- Förderung abschlussgefährdeter Schüler/innen
- Stärkung der Grundschule in den Klassenstufen 5 und 6
- Anhebung der Schulleiterermäßigung
- Stundentafelveränderung Abitur nach 12 Jahren / Ethik
- Rahmenplanentwicklung Sek. I und II
- Fortbildung Werteunterricht
- Vergleichsarbeiten für den mittlerer Schulabschluss
- Vorgezogener Schulanfang
- Ganztagsbetrieb für alle Gesamtschulen
- Vorklassen, Eingangsstufe
Auch in Zukunft müssen aus meiner Sicht die fallenden Schülerzahlen genutzt werden, um in Bildung zu investieren. Einige dieser Maßnahmen müssen wir weiterführen. Zu erwähnen wäre noch, dass Berlin im Ländervergleich was die Schüler-Lehrer-Relation angeht, gut da steht:
Schüler je Lehrer an den allgemein bildenden Schulen 2004:
Berlin: 13,7
Bundesdurchschnitt: 16,0
Nur die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen Anhalt liegen mit der Relation unterhalb der Berliner Zahl.
Herzliche Grüße
Dilek Kolat