Frage an Dietmar Bartsch von Arne W. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Guten Tag!
In dem vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegebenen Fachmagazin „Bundesbaublatt“ ist in der Ausgabe „Ausgabe 05/2014 - BAUEN IM BESTAND“ ein Artikel mit dem Titel „Übertragung der Wartungspflicht auf Mieter birgt Risiken“ erschienen
(im Internet: http://www.bundesbaublatt.de/artikel/bbb_uebertragung_der_Wartungspflicht_auf_Mieter_birgt_Risiken_1987205.html ).
In diesem Artikel steht
„Eigentümer müssen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht dafür sorgen, dass die Bewohner sowie deren Besucher nicht durch vermeidbare Gefahren geschädigt werden können“ und dann weiter „Versagen also im Brandfall Rauchmelder, die nicht oder nur mangelhaft gewartet wurden, trifft den Vermieter eine Teilschuld“.
Ich stelle mir eigentlich vor, dass im Falle einer unerwünschten Lebensgefahr die Gefährdeten auch ohne Pfeifen den Gefahrenbereich verlassen, wenn das Pfeifen selbst nicht der Fluchtgrund ist.
Auf welcher belastbaren Grundlage behauptet der Bund, dass Rauchwarnmelder geeignet sind, „vermeidbare Gefahren“ abzuwenden.
Falls Sie auch keine belastbare Grundlage finden können, habe ich noch eine zweite Frage: Das Statistische Bundesamt verzeichnet seit Jahrzehnten auch ohne Rauchwarnmelder-Pflicht einen erheblichen Rückgang der tödlichen Unfälle durch Exposition gegenüber Feuer, Rauch und Flammen ( https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fire_and_smoke_deaths_per_inhabitant_%28F.Rep.GERM%29.svg ). Inwieweit sind der Bund und mittlerweile auch alle Bundesländer einem Trickbetrug zu meinem Nachteil (Eigentum; Unverletzlichkeit der Wohnung) zum Opfer gefallen?
Vielen Dank für Ihre Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.(U)-Inf. Arne Wörner
Sehr geehrter Herr Wörner,
aus gutem Grund sind Rauchmelder in den meisten Bundesländern seit einiger Zeit Pflicht. Berlin folgt als letztes Land ab 1.1.2017.
Sie halten diese Regelung offenbar für unbegründet oder überflüssig. Ich teile diese Ansicht nicht.
Statistisch gesehen hat es hierzulande im ersten Halbjahr 2013 mehr als 80.000 Mal gebrannt. Jedes Jahr sterben in deutschen Wohnungen rund 400 Menschen, die meisten von ihnen durch Rauch. Nur 35 % aller Brände finden nachts statt, jedoch sterben nachts 70 % aller Brandopfer, die meisten davon im Schlaf. Dies bestätigt auch der bislang schlimmste Wohnungsbrand des Jahres im baden-württembergischen Backnang, bei dem im März eine Mutter und ihre sieben Kinder ums Leben kamen. Nach Polizeiangaben starben die Opfer im Schlaf an Rauchvergiftung. Wäre die Wohnung mit funktionstüchtigen Rauchmeldern ausgestattet gewesen, könnten die acht Menschen noch leben.
Tragische Unglücke wie dieses können für Eigentümer eines betroffenen Gebäudes ernste Konsequenzen haben, wenn in den Wohnungen keine funktionstüchtigen Rauchmelder installiert sind. Dies gilt auch dann, wenn im betreffenden Bundesland für das Gebäude keine Rauchmelderpflicht besteht. Unabhängig von den jeweiligen Vorschriften in den Landesbauordnungen hat jeder Gebäudeeigentümer nach § 823 Abs. 1 BGB die Pflicht, Nutzer vor Gefahren zu schützen, die von seinem Gebäude ausgehen können. So urteilt auch der Bundesgerichtshof in solchen Fällen regelmäßig. Trifft der Eigentümer solche Maßnahmen nicht, haftet er für Schäden, die daraus resultieren – egal ob in dem Bundesland Rauchmelder vorgeschrieben sind oder nicht.
Alle Gesetzestexte zur Rauchmelderpflicht beziehen sich auf die Anwendungsnorm DIN 14676. Darin heißt es: „In Wohnungen müssen Schlafräume und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder haben. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut (oder angebracht) und betrieben werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird.“ Diese Norm ist gleichzeitig der Stand der Technik, auf den sich die Gerichte bei Verstößen gegen die Verkehrssicherungspflicht beziehen.
Rauchmelder können sehr wohl Leben retten und immer wieder geschieht dies auch. Die Feuerwehr weist seit Jahren auf den Sinn von Rauchmeldern in Wohnungen hin. Wer sollte das besser beurteilen können?
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch