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Dietmar Bartsch
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Frage von Robert K. •

Frage an Dietmar Bartsch von Robert K. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Bartsch,

Meine Frage ist wieso von der Linken so wenig zum Thema Geldsystem kommt. Das Geldsystem ist verantwortlich für den stetigen Wachstumsdruck und verursacht so maßgeblich Dinge wie Umweltzerstörung, Krieg, Armut und Hunger. Karl Marx hat das schon vor 150 Jahren herausgefunden und was macht die Linke heute? Sie betreibt Symptombehandung. Wieso Umverteilen wenn man der Ungleichverteilung auch gleich vorbeugen könnte? Im heutigen Geldsystem ist die erste Million die schwerste, es müsste aber andersherum sein. Negative statt positive Rückkopplung!

Der Nächste Bust an den Währungs und Finanzmärkten steht bevor. Wann also wenn nicht jetzt mit dem Thema auf den Tisch? Es geht mir um Fragen wie Giralgeldschöpfung durch Geschäftsbanken oder die Diskussion über Vollgeldsysteme. Oder wollen Sie wirklich warten bis die Diskussion auch bei den anderen Parteien Salonfähig wird?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kenner,
danke für Ihre Fragen und Ihr Interesse an den Positionen der LINKEN dazu.

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung: Die LINKE gehört zu den Kräften, die seit Beginn der Finanzkrise deutlich die Ursachen und Hintergründe der Krise aufgedeckt und konkrete Vorschläge zu Bekämpfung der Krisenursachen unterbreitet haben.
Dabei ist unstrittig, dass es Krisenursachen gibt, die systemisch bedingt sind und letztlich nur im Zuge der historischen Überwindung der derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnisse überwunden werden können. Nichts desto trotz gibt es im Hier und Heute dringenden Handlungsbedarf und auch Handlungsmöglichkeiten.
Die LINKE kritisiert nicht nur die seit Jahrzehnten stattfindende Umverteilung von unten nach oben, sondern hat konkrete Vorschläge, dies umzukehren.

Ich nehme an, dass Sie sich in Ihrer Frage auf das Schwundgeld-Konzept beziehen, demgemäß Zins und Zinseszins unhaltbar zur Umverteilung von Arm zu Reich und schließlich zum Währungscrash führen. Das einzige, was dagegen wirklich helfen soll, ist fließendes bzw. umlaufgesichertes Geld, das Schwundgeld.

Die Annahmen des Schwundgeld-Konzeptes zur Umverteilung von oben nach unten überzeugen mich nicht.
Akkumulation findet nicht nur durch Geld statt, sondern z.B. auch durch Erwerb von Aktien, Immobilien, Ländereien etc. Dies bekommen Sie durch Schwundgeld nicht in den Griff.

Besser wirken dagegen steuerliche Instrumente, wie sie auch die LINKE fordert, z.B. eine Millionärsteuer, eine Vermögensabgabe und eine reformierte Erbschaftsteuer. Vor allem aber müssen möglichst große Teile der Wirtschaft, die für das Gemeinwohl von zentraler Bedeutung sind, der Renditelogik entzogen werden.

Geldvermögen werden durch Inflation entwertet. Welchen Unterschied macht Schwundgeld? Die Konzentration von Reichtum ist kein Automatismus, der sich allein aus der Existenz von Zinsen ergibt.
Die Annahme, Schwundgeld könne das Ansteigen des Preisniveaus bei gleichzeitiger Stimulierung der Wirtschaft verhindern, teile ich nicht. Das ist die aus meiner Sicht unrealistische Annahme, eine expansive Geldpolitik ohne Nebenwirkungen kreieren zu wollen.

Die Gefahr der Geldhortung und dementsprechender Nachfrageschocks liegen aber nicht direkt in der Natur des Geldes begründet. Finanzmarktkrisen entstehen nicht durch Horten des Geldes, sondern durch Spekulationsblasen, deren Platzen mit einem Vertrauensverlust von Investoren in Märkte einhergeht. Erst in einem zweiten Schritt findet Hortung statt, wenn z.B. massenhaft Gold gekauft wird und der produzierenden Wirtschaft die Geldmittel entzogen werden.

Auch lässt sich mit dem Schwundgeld nicht der Zins und Zinseszins abschaffen, der oft für Ungleichheit und Ineffizienzen, vor allem in Finanzkrisen, verantwortlich gemacht wird. Denn ein Negativzins ist zunächst nur eine ordnungspolitische Maßnahme und noch keine Umwälzung der Umgangsformen des Wirtschaftens. Es ist sehr leicht, sich dieser ordnungspolitischen Maßnahme zu entwinden: Kapitalbesitzer werden dazu übergehen, ihr Sichtguthaben auf andere Weise zu verleihen. Die unmittelbarste Möglichkeit besteht darin, dass ein Investor jemandem Geld privat verleiht und dabei vertraglich Rückzahlungszeitraum und Zinsen festsetzt: niemand kann solche privaten Absprachen verhindern.
Schlussendlich gibt es das Eigentum an Kapitalgütern, Häusern (indirekte Zinseinnahmen durch Mieten), Unternehmensanteilen (Aktienrenditen) und an Boden, welche allesamt Zins und Zinseszins ermöglichen.

Schwundgeld ist kein Allheilmittel und wirft Fragen auf, die nicht allein durch eine Geldreform gelöst werden können.

Die von Ihnen aufgeworfenen Fragen nehmen wir ernst und ich hoffe, Sie finden Gelegenheit, unsere Positionen weiterhin zur Kenntnis zu nehmen und konstruktiv-kritisch zu begleiten.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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