Frage an Dietmar Bartsch von Harry B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
ich habe den Eindruck, daß die Linke zurückhaltend mit dem Thema "Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen" umgeht. Vielleicht liegt das auch daran, daß ihre Vertreter und ihr nahestehende herkömmliche Medien wenig dazu gefragt werden.
Wie stehen Sie zu folgenden Fragen bezüglich Internet-Sperren, die namentlich gegen Kinderpornographie eingeführt werden sollen:
1. Wie beurteilen Sie die Internet-Sperren im Verhältnis zum Demokratieverständnis der Linken?
2. Sehen Sie einen positiven Gesamteffekt von Internet-Sperren für die Gesellschaft? Welchen?
3. Welche Vorgehensweise sehen Sie als erstrebenswert an, um die Rechte von Kindern gegenüber den von Ursula von der Leyen benannten Gefahren zu schützen?
4. Kennen Sie die Petition "Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten"? Wie beurteilen Sie diese?
Sehr geehrter Herr Boeck,
danke für Ihre Frage und für die Gelegenheit, die Positionen unserer Bundestagsfraktion zu diesem Thema darstellen zu können.
Das Interesse an der Positionen der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zu der von Ihnen angesprochen Thematik ist groß.
Ihre Fragen weisen noch einmal auf den sehr komplexen Charakter des Themas "Bekämpfung der Kinderpornographie in den Kommunikationsnetzen" hin.
Im Zentrum aller Bemühungen muss aus Sicht unserer Fraktion der Schutz der Kinder vor Missbrauch und Misshandlung stehen.
Will man das Problem der Kinderpornographie und ihrer Verbreitung über diverse moderne Medien ernsthaft angehen, muss man davon ausgehen, dass die Darstellung und die Verbreitung solche Kindesmisshandlungen selbst nur Teil des Missbrauchs sind.
Der Herstellung und der Verbreitung von Produkten mit kinderpornographischem Inhalt geht in aller Regel ein oft jahrelanger sexueller Missbrauch der Opfer voraus, der meist im unmittelbaren familiären Umfeld stattfindet. Hier ist zu aller erst auch gezielte öffentliche Aufklärung von Nöten, die den Focus auf die eigentliche Problematik legt.
Opfern und potentiellen Opfern von Kinderpornographie und sexueller Gewalt ist daher nicht geholfen, wenn vor einschlägige Internetseiten ein "Vorhang" gezogen wird, der die Inhalte nur verdeckt, die Seiten selbst aber nicht aber entfernt werden.
DIE LINKE im Bundestag erarbeitet derzeit einen Entschließungsantrag, der anders als die Bundesregierung versucht, das Thema, in seiner Komplexität anzugehen.
Dies beinhaltet für uns unter anderem folgende fünf Forderungen:
§ Die Strafverfolgungsbehörden müssen so ausgestattet werden, dass sie Kinderpornographie an der Quelle bekämpfen können durch Identifizierung der Opfer und die Suche nach den missbrauchenden Tätern
§ Gegen bekannte Provider von Kinderpornographie muss konsequent strafrechtlich vorgegangen und entsprechende Server müssen unverzüglich stillgelegt werden
§ Alle Datenbanken zur Erfassung kinderpornografischen Inhalts müssen- anders als das der Gesetzentwurf der Regierung vorsieht - strikter rechtsstaatlicher Kontrolle unterstellt werden, richterlicher Vorbehalt muss gewährleistet sein, um den Missbrauch durch jegliche Ermittlungsbehörden, andere staatliche und private Stellen auszuschließen
§ Es müssen ausreichend finanzielle Mittel bereitgestellt werden, um eine intensive unabhängige wissenschaftliche Erforschung des Ausmaßes, der Ursachen und der Folgen von Kinderpornographie zu ermöglichen.
Die von Ihnen genannte Petition kenne ich und wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, gibt es eine große Übereinstimmung in der Begründung des Anliegens der Petentin und der Mitunterzeichner einerseits und den Positionen unserer Fraktion andererseits.
Gestatten Sie mir abschließend auf die Rede unsere Abgeordneten Jörn Wunderlich in der 1. Lesung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung hinweisen
( http://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=1343267402 ).
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch