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Derya Türk-Nachbaur
SPD
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Frage von Reinhard G. •

Laut WHO-Chef ist die weltweite Impfstoffverteilung ein Skandal. Handeln wir zu egoistisch? Sollten wir auf das "Boostern"verzichten, und den Impfstoff ärmeren Ländern zukommen lassen?

Sehr geehrte Frau Türk-Nachbauer,

https://www.berliner-zeitung.de/news/who-chef-nennt-booster-impfungen-fuer-gesunde-einen-skandal-li.194598

Auch eine Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (Nr. 2361) mahnte einen "gerechten Zugang" zu Impfstoffen zwischen den Ländern an. (Unter 7.2.4) Wie stehen sie dazu?

https://institut-trivium.org/wp-content/uploads/2021/07/Europarat-Resolution-2361-2021.pdf

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre kritische Frage. Es ist unbestritten, dass der weltweite Zugang zu Impfstoffen der Schlüssel zu einer raschen Beendigung der Pandemie ist. Die derzeitige Lage stellt uns bei dessen Verteilung aber vor viele Herausforderungen, angefangen bei der Logistik: Es braucht Zeit für den Aufbau von Lieferketten, um Transportboxen, Desinfektionsmittel und Spritzen an den Zielort zu transportieren. Und zwar nicht nur in die großen Städte, sondern bis in die entlegenen Dörfer. Ferner müssen Informations- und Aufklärungskampagnen in allen Ländern initiiert werden, denn Impfgegner gibt es leider weltweit.

Allerdings sehe ich keinen Widerspruch darin, dass in Deutschland bereits Drittimpfungen durchgeführt werden, während es in anderen Ländern teilweise an Impfdosen mangelt. Deutschland kommt meiner Ansicht nach sowohl seiner staatlichen Schutzpflicht gegenüber seinen eigenen Staatsbürgern, als auch seiner Hilfsverpflichtung auf internationaler Ebene nach.

Konkret bedeutet das: Deutschland hat sich bisher stark bei der Impfdosenverteilung engagiert. 2021 spendeten wir über 100 Millionen Dosen, darunter auch eigene Impfstoffe, die für die nationale Versorgung einschließlich der Booster-Impfungen nicht benötigt wurden. Damit sind wir der zweitgrößte Spender weltweit, was in meinen Augen eine beachtliche Leistung ist. Deutschland war ferner im April 2021 Mitgründer des Koordinierungsmechanismus Access to Covid-19 Tools Accelerator (ACT-A). Ebenso haben wir bislang 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die vor allem an die internationale Impfstoffplattform COVAX gehen. Bis Mitte Dezember vergangenen Jahres wurden so bereits 144 Staaten und Gebiete mit insgesamt knapp 897 Millionen Impfstoffdosen versorgt. Außerdem unterstützt Deutschland den sogenannten „Humanitarian Buffer“ mit 50 Millionen Euro, sodass auch beispielsweise Flüchtende geimpft werden können, die von nationalen Impfplänen nicht erfasst werden.

Und auch im kommenden Jahr sollen mindestens 75 Millionen Dosen gespendet werden. Das Wichtigste daran ist, dass diese Spenden nicht an politische Bedingungen geknüpft sind, sondern dass dahinter ein gemeinsamer, solidarischer Ansatz statt bilateraler Versprechen und Impfstoffnationalismus einiger Staaten steht. Ebenso wird Deutschland weiterhin die ATC-A mit dem erwarteten Anteil von 1,1 Milliarden Euro unterstützen, wobei sich unsere Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Svenja Schulze dafür einsetzen wird, dass noch mehr Finanzmittel mobilisiert werden können. Damit können wir im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft ein wegweisendes Vorbild auch für andere Staaten werden.

Gleichzeitig fördern wir die mit Impfstoffen wenig versorgten Länder beim Aufbau einer eigenen Produktion von Impfstoffen, sodass sie autonom arbeiten können und Abhängigkeiten vermeiden werden. Alle müssen auf mögliche künftige Pandemien vorbereitet sein. In Ruanda etwa unterstützen wir zusammen mit Biontech den Aufbau der ersten mRNA-Impfstoffproduktion in Afrika und engagieren uns auch im Senegal, in Ghana und in Südafrika mit europäischen und internationalen Partnern.

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