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Delara Burkhardt
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Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Medienberichte überschlagen sich, die Beschreibungen der Lage der Frauen sind erschütternd und machen zutiefst betroffen. Das Land Schleswig-Holstein hat aufgrund der Situation in Afghanistan eine Präferenz in der Aufnahme von Menschen über das Landesaufnahmeprogramm vorzunehmen. Vor allem Frauen und deren Schwestern und Kinder sollen nach Schleswig-Holstein kommen, wenn ihre Angehörigen bereits hier leben. Außerdem war bei den Evakuierungsflügen aus Afghanistan das Ausfliegen von Frauen im Fokus gestanden. Frauen, gerade jene, die sich feministisch oder gesellschaftlich engagierten, haben einen besonderen Schutzstatus – das bedeutet aber auch, dass sie gerade besonders gefährdet sind.

Das reicht aber nicht. Wir müssen zusehen, dass schleunigst wieder NGOs in Afghanistan agieren können. Frauen trauen sich nicht mehr auf die Straße, sie können nicht mehr arbeiten gehen. Berichte über Menschen- und Frauenrechtsverletzungen, Ehrenmorde, Kinder- und Zwangsehen nehmen zu. In der Interims-Regierung der Taliban ist keine Frau vorhanden. Sie planen eine nach Geschlecht aufgeteilte Bildung, die für Frauen spezielle abgedunkelte Busse und Warteräume sowie Vorschriften für die Farbe ihrer Kleidung vorsieht – alles unter der Prämisse, dass Frauen überhaupt weiterhin Zugang zu Bildung erhalten. Für eine ganze Generation junger Afghanerinnen (besonders diejenigen, die in Kabul aufgewachsen sind) ist das eine nie da gewesene Angst, das rapide Wegbrechen ihrer Hoffnungen für die Zukunft. Damit alle humanitären Einsätze in Afghanistan nicht umsonst waren, muss schnell wieder Hilfe und Unterstützung ins Land. Wir müssen dafür sorgen, dass Frauen wieder arbeiten können. Wir müssen verhindern, dass ihnen das Recht auf Bildung verwehrt wird. Und wir müssen dafür sorgen, dass sie auf dem Landweg sicher flüchten können, solange der Flughafen für den kommerziellen Verkehr geschlossen ist.

Deswegen muss die EU ganz klar machen, dass sie nur mit der Taliban spricht, wenn diese sich an Grundsätze hält. Zu diesen Grundsätzen müssen neben Menschen- und Frauenrechten auch Garantien wie die Verlässlichkeit ihrer eigenen Aussagen und die Repräsentation von Frauen in Politik und Medien zählen. Kämpfer*innen für Frauen-, Zivil- und Menschenrechte sind gefährdet und werden weiter bedroht. Gleichzeitig erfüllen sie eine wichtige Berichtsfunktion für uns. Nur so können wir zuverlässig erfahren, wie die Lage im Land ist. Evakuierungen, wenn sie gewünscht werden, müssen mit Notvisa erfolgen können. Alle Aktivist*innen aus dem Land zu holen, wäre ein Rückschritt für alle ihre Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte. Deswegen müssen wir internationale Lösungen finden, um zivilrechtliche Fortschritte zu wahren, Berichte über die Lage der Menschen- und Frauenrechte im Land zu erhalten und entsprechend unseren Umgang mit der Taliban zu ändern. Die EU sieht einen besonderen Schutzstatus für Frauen, Kinder und Aktivist*innen. Schleswig-Holstein sieht den auch – deswegen werden hier Personen dieses besonderen Schutzstatus‘ aufgenommen. Außerdem ist sich die EU im Klaren, dass die Taliban nicht für Afghan*innen spricht. Sie ist kein demokratisch gewähltes Gremium und somit nicht repräsentativ für die Bevölkerung. Wir müssen Mittel und Wege finden, den Volkswillen in Afghanistan zu hören und bei der Taliban wiedergeben. Außerdem müssen wir garantieren, dass Hilfsgelder - inklusive derer, die zur Aufnahme Geflüchteter in den Nachbarstaaten gezahlt werden - auch diejenigen erreichen, die sie am dringendsten brauchen. Auch muss sicher gestellt werden, dass Frauen in den Aufnahmelagern besonders geschützt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkhardt

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