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Delara Burkhardt
SPD
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Frage von Martin D. •

Sehr geehrte Frau Burkhardt, was werden Sie gegen die geplante sog. "Chatkontrolle" tun um die anlasslose Überwachung der Kommunikation aller EU-Bürger zu verhindern?

Sehr geehrte Frau Burkhardt,

im Koalitionsvertrag der deutschen Bundesregierung, an dem auch Ihre Partei beteiligt war, steht folgendes "Wir stärken digitale Bürgerrechte und IT-Sicherheit. Sie zu gewährleisten ist staatliche Pflicht.
Wir führen ein Recht auf Verschlüsselung, ein wirksames Schwachstellenmanagement, mit dem Ziel Sicherheitslücken zu schließen, und die Vorgaben „security-by-design/default“ ein."
Das ist meiner Meinung nach mit der anlasslosen Überwachung von privater Kommunikation aller Bürger unvereinbar. Das ganze wird zwar unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Kinderpornografie angepriesen, aber Experten zufolge findet das über verschlüsselte Dateien die über das hidden web (z.B. Tor oder i2p) statt und das Überwachen von privater Kommunikation über Email oder Messengerdienste würde dagegen wenig bis nichts helfen.

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Sehr geehrter Herr D.,

Zunächst einmal herzlichen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Interesse an dem geplanten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission hinsichtlich der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet.

Ich möchte betonen, dass Kindesmissbrauch ein schreckliches Verbrechen ist, das die Menschenrechte der besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen verletzt. Wir müssen Prävention stärken, Medienkompetenz verbessern, Täter*innen verfolgen und den Betroffenen mehr Unterstützung bieten. Unter der Feder meiner Kollegin Birgit Sippel, die als Berichterstatterin für die vorübergehende Ausnahme der ePrivacy-Richtlinie im Justiz-Ausschuss sitzt, konnte erzielt werden, dass sich das EU-Parlament dafür eingesetzt, dass der Spagat zwischen dem Aufspüren von Kindesmissbrauch im Netz sowie der Schutz der Privatsphäre von Internetnutzerinnen und Nutzern gewahrt wird. Die temporäre Ausnahme ist ein Kompromiss, der nur eine vorübergehende Lösung für die nächsten drei Jahre darstellt. Die EU-Kommission muss jetzt dringend eine langfristige Lösung vorschlagen, die sich an den Datenschutzgarantien der befristeten Regelung orientiert, die Rechtsprechung des EuGH respektiert und unter keinen Umstände das Sicherheitsniveau absenkt.

Seit dem Sommer verschiebt die EU-Kommission bereits ihre Ankündigung für eine permanente Lösung. Nun sieht es danach aus, dass der Gesetzesvorschlag derzeit sogar von der Tagesordnung der EU-Kommission gestrichen worden ist. Es ist bis dato nicht klar, ob ein solcher Vorschlag ein Verbot oder die Umgehung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Voraussetzung dafür enthalten würde, dass Inhalte gescannt werden können. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet sichere Räume für Menschen, die auf die Vertraulichkeit von Kommunikation angewiesen sind, aber auch für jede Privatperson. Sie sind die Grundlage des Datenschutzes in der Online-Kommunikation. Bei der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist es für die Plattform, welche zur Kommunikation genutzt wird, nicht möglich, die Inhalte, die eine Person an eine andere schickt, zu scannen oder zu lesen. Sie ist verschlüsselt. Nur bei Sender*in und Empfänger*in kommt die tatsächliche Nachricht an.  Will meinen: Der Dienst WhatsApp kann Ihre Nachrichten nicht lesen – nur für Sie und die Person, die Ihnen etwas geschrieben hat oder der Sie etwas schreiben, kann sie lesen. Verschlüsselung kann auch verhindern, dass der Austausch von Fotos unter Jugendlichen von Täter*innen abgegriffen und mit Dritten geteilt werden kann. Daher wird sich das EU-Parlament vehement dafür einsetzen, dass die EU-Grundrechtecharta vollumfänglich geachtet wird und die Rechte der Bürger*innen nicht unter dem Deckmantel vermeintlicher Sicherheit begraben werden. Zudem ist klar, dass das Abschaffen oder Umgehen von Ende-zu-Ende Verschlüsselung dazu führt, dass sich die Täter*innen über dezentrale Messengerdienste oder Darknet-Foren dem Zugriff der Behörden entziehen. Was allerdings aus der Schwächung von Ende-zu-Ende Verschlüsselung resultieren würde, ist ein massiver Vertrauensverlust in die Vertraulichkeit der Kommunikation für uns alle, und die Gefahr, dass geschützte digitale Räume für Betroffene verschwinden und sie weiteren Belastungen ausgesetzt sind. Das Durchleuchten der Online-Kommunikation, um Kindesmissbrauch zu verhindern, muss also sehr hohen Standards genügen - was auch die Verzögerung bei der EU-Kommission erklären könnte.

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit etwas Klarheit geben konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkhardt

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