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Delara Burkhardt
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Frage von Markus B. •

Klimawandel: warum dürfen Länder wie zum Beispiel, China und Indien bis 2030 ihre CO2 Werte noch erhöhen, wenn wir mit einem Anteil von etwa 2% des Menschen gemachten CO2 in Deutschland die Steuer dafür bezahlen müssen?

Sehr geehrte Frau Burkhard,
Ich möchte mich gerne für die ausführliche Stellungnahme bedanken.
Dennoch habe ich noch weitere Fragen zum Thema Klima.
Es wird zur Zeit sehr viel über den Klimawandel diskutiert, mir aber stellt sich die Frage, warum dürfen Länder wie zum Beispiel, China und Indien bis 2030 ihre CO2 Werte noch erhöhen, wenn wir mit einem Anteil von etwa 2% des Menschen gemachten CO2 in Deutschland die Steuer dafür bezahlen müssen, und warum sagt man nicht, dass alle Länder einen Wert von 2% bis 2030 erreichen müssen. Deutschland ist mit so wenig CO2 beteiligt, aber dennoch sind wir was das Klima betrifft, der größte Steuerzahler der Welt. Mein Vorschlag wäre, alle Länder bis 2030 mit co2
auf 2% zu reduzieren . Was halten Sie davon?
Was bringt ein Land klimaneutral, wenn alle anderen Länder den Dreck weiter in die Luft blasen.

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Sehr geehrter Herr B.,

Sie haben Recht, der Klimawandel ist ein globales Thema und muss global angegangen werden. Deswegen war es ein bedeutender Schritt, dass auf der Pariser Klimakonferenz 2015 ein gemeinsames Abkommen enstand, das von vielen Teilnehmer-Staaten unterstützt und unterzeichnet wurde. Mit diesem Abkommen verpflichten wir uns international zum Klimaschutz. Das Übereinkommen von Paris die erste Klimaschutzvereinbarung, die rechtsverbindlich weltweit gilt. Auf den Lorbeeren der Enstehung dieses Abkommens dürfen wir uns nicht ausruhen – auf Worte müssen Taten folgen. Mittlerweile haben 34 Staaten, darunter auch die EU, den Klimanotstand erklärt. Die Meersspiegel sind um 60 mm angestiegen, weltweit haben wir bereits einen Temperaturanstieg von 1°C. Der neue Bericht des International Panels on Climate Change (IPCC) warnt, dass wir schon 2030 die Marke einer Erhöhung um 1,5°C geknackt haben könnten – noch vor wenigen Jahren war diese Entwicklung erst für 2040 prognostiziert worden. Der Klimawandel nimmt zu, und spätestens diesen Sommer hat auch Europa erlebt, dass er schon echte, erschütternde Auswirkungen hat.

Die Vereinbarungen des Klimaabkommmens – Emissionsminderung, die den Anstieg der Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2°C, am besten auf 1,5°C sowie die Anpassung an die dann schon auftretenden Folgen des Klimawandels durch die Lenkung von Finanzmitteln in Einklang mit Klimaschutzzielen und die Stärkung der Krisenresilienz – sind für alle ratifizierenden Länder, das sind fast 190 Staaten, rechtlich bindend. Sie verfolgen aber ein gemeinsames Ziel bei knapp 190 verschiedenen Ausgangs-Situationen. Deswegen muss jeder Staat individuelle Ziele feststecken, um solidarisch mit allen anderen Staaten das Ziel zu erreichen. Das bedeutet konkret: Wer mehr emittiert oder emittiert hat, muss deutlich früher Klimaneutral werden. In der EU schreibt ein EU-weiter Rahmen vor, wie nationalstaatliche Regelungen mindestens auszusehen haben. Deutschland darf, um das Klimaziel von 1,5°C erreichen zu können, bis 2050 nur noch maximal 4,4 Mrd. Tonnen CO2 ausstoßen. Allein bis 2038 werden die deutschen Kohlekraftwerke, die der Hauptemittent für CO2 in Europa sind, allerdings allein 2 Mrd. Tonnen CO2 ausstoßen. Das ist fast die Hälfte unseres CO2-Budgets. Weltweit sind wir mit den von Ihnen zitierten CO2-Ausstoß von 2% (Was bei knapp 200 Ländern ziemlich viel ist, auch wenn es wie eine kleine Prozentzahl wirkt) auf Platz 7 der globalen Hauptverursachenden von CO2. Würden alle Importe und deutschen Industriestandorte weltweit übrigens mit in diese Rechnung aufgenommen, wäre unser CO2-Ausstoß  noch deutlich höher. Wir sind also unverhältnismäßig stark an der Verursachung des Klimawandels beteiligt. Runtergebrochen auf den Pro-Kopf-Verbrauch erzeugt eine Person in Deutschland etwa 8,5 Tonnen CO2 jährlich. Der globale Durchschnitt ist ein pro Kopf bei 4,8 Tonnen CO2/Jahr. Wir sind also deutlich in der Pflicht, schneller als andere Staaten klimaneutral zu werden. Gleichzeitig haben wir als Industriestaat eine klare Vorbildfunktion. Kritiker*innen schimpfen immer wieder, dass das deutsche Klimagesetzt zu lasch ist, um die Ziele des Landes zu erreichen. Auf internationalen Panels muss man allerdings immer wieder feststellen, wie sehr uns andere Klimaaktivist*innen aus anderen Staaten beneiden, weil wir überhaupt ein solches Gesetz haben!

China emittiert global mit deutlichem Abstand am meisten CO2. China ist allerdings auch mit ebenfalls deutlichem Abstand das bevölkerungsreichste Land der Welt. Der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in China ist ein Drittel dessen, was ein*e durchschnittliche*r US-Amerikaner*in pro Kopf an CO2 produziert. In China konkurrieren ferner zwei Effekte miteinander: Die verschmutzte Luft dort, die mit Schwefelpartikeln aus Industrieabgasen versetzt ist, sorgt dafür, dass weniger CO2 in die Atmosphäre gelangt – das Ruß aus Industrieschloten allerdings hat genau den gegenteiligen Aspekt und fördert die Erderwärmung. In China wird nicht nur Kohle verbrannt, sondern auch in Unmengen abgebaut. China hat innerhalb der letzten 50 Jahre so viel CO2 emittiert wie die gesamte EU seit der Industrialsierung. Klimaneutral will man hier erst 2060 sein – das ist 10 Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen und weitaus später als das, was aus solidarischen Gründen festgesteckt wurde. Man plädiert zwar auf die Einhaltung des Klimaabkommens, aber hält sich selbst nicht daran. Kurz: Auch China und Indien dürfen ihre Werte nicht erhöhen. Auch sie müssen daran arbeiten, sie schnell deutlich zu senken. Dass sie das Gegenteil tun, kann leider nicht geahndet werden, weil kein Gremium dafür wirklich zuständig ist.

Die Formulierung, Deutschland sei weltweit der höchste Zahler für Steuern im Bezug auf CO2, ist so nicht richtig. In der EU gilt seit 2003 die Energiesteuerrichtlinie, die es jedem Mitgliedsstaat ermöglicht, nach eigenen Bedürfnissen CO2-Steuern zu erheben. In Deutschland werden mehrere Ökosteuern erhoben und seit Kurzem auch ein CO2-Preis. Der Festpreis für CO2 ist an ein nationales Emissionshandelssystem geknüpft, das den Preis pro Tonne CO2 fixiert und politisch festhält. Im Januar 2021 startete man mit einem CO2-Preis von 25€/Tonne. Bis 2025 steigt der Preis auf 55€/Tonne an. Der Preis gilt nur für die Bereiche Wärme und Verkehr. Er wird nicht durch Steuern gezahlt, sondern von Unternehmen entrichtet, die Heizöl, Erdgas, Benzin oder Diesel vertreiben. Steuerzahler*innen bezahlen ihn also nur indirekt.

Ein richtige CO2-Steuer, entrichtet von Bürger*innen, gibt es etwa in Schweden. Dort zahlt man 115€/Tonne CO2 – dort ist CO2 am teuersten.

Grundsätzlich gilt: Deutschland ist solidarisch am Pariser Klimaabkommen beteiligt. Wir emittieren vergleichsweise sehr viel mehr CO2 als andere Länder, müssen also sehr viel schneller klimaneutral werden. Dass wir pro Kopf viel emittieren, ist dabei genauso wichtig wie der Fakt, dass wir schon seit Langem einer der Hauptausstoßenden Staaten weltweit sind.  Wir können anderen Länder, die sich nicht an die Vorgaben des Abkommens von Paris halten, obwohl sie es ratifiziert haben, nur ermahnen und ggf. bilateral zum Einhalten dieser auffordern. Dass sich andere unsolidarisch verhalten, sollte für uns kein Grund sein, uns aus der Verantwortung zu reden. Dass wir verhältnismäßig kleine Prozentzahlen verursachen, ist auch kein Grund, uns aus der Verantwortung zu ziehen, gerade wenn wir sie in einen globalen Kontext setzen und sehen, wie groß unser Anteil doch ist. Auch sind wir bei weitem nicht diejenigen, die am meisten für den Klimawandel zahlen. Wir sind aber definitiv in einer globalen und generationenübergreifenden Verantwortung, aus der wir uns nicht rausreden können. Mal abgesehen davon wäre es feige, sich einzureden, man täte zu viel in einer globalen Angelegenheit, die gerade die, die sie nicht verursachen, am meisten treffen wird. Das ist nicht das Prinzip der Solidarität, die für mich und meine Partei über allem steht. Wir sind in der Verantwortung zu handeln, und so hoffentlich andere zum handeln zu motivieren. Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkardt

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