Frage an Delara Burkhardt von Johanna T. bezüglich Klima
Wie planen Sie mit dem Klimawandel umzugehen? Wenn der Klimawandel Ihrer Meinung nach noch aufzuhalten ist, wie wollen Sie das erreichen, wenn nicht, welche Maßnahmen sehen Sie vor?
Hallo Frau T. .
spätestens seit dem Bericht des IPCC (International Panel on Climate Change; zu Deutsch: internationales Gremium zum Klimawandel), der kürzlich veröffentlicht wurde, ist eindeutig klar, dass der Klimawandel existiert und wir ihn nicht mehr aufhalten können. Das Ziel ist vielmehr die Eindämmung. Wir können also nur noch bestimmen, wie hart er uns treffen wird. Dass er das jetzt schon tut, haben wir Deutschland eindrücklich an den Fluten hierzulande erlebt.
Im europäischen Parlament ist die Frage nach Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine zunehmend wichtige. Sie bestimmt das Handeln des Parlaments in all seinen Aspekten. Auch die neue Kommission, die von 2019-2024 eingesetzt ist, hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben.
Die EU möchte bis 2050 klimaneutral sein. Das ist abgestimmt mit dem Pariser Klimaabkommen. Im Zuge dessen haben wir den europäischen Grünen Deal beschlossen. Er beinhaltet Gesetze und Strategien, die Klima, Energie, Landwirtschaft, Industrie, Umwelt/Ozeane, Verkehr, Finanzen, regionale Entwicklung, Forschung und Innovation umfassen. Kurz: Nahezu jedes Handeln der EU muss klimafreundlich sein. Das ist ein großer und wichtiger Schritt. Viele Kritiker*innen werfen den Maßnahmen vor, nicht weitreichend zu sein. Aber man stelle es sich mal anders herum vor: Es gibt schon Maßnahmen, die zwar vielleicht nicht weit genug gehen, aber wenigstens ein Anfang sind. Nicht jeder Kompromiss schmeckt mir oder ist für mich ausreichend – aber es ist wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung, den wir als solchen wahrnehmen müssen.
Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die sich durch den Klimawandel ergibt, spiegelt sich gut im Paket. So ist etwa eine Strategie zur Erhaltung biologischer Vielfalt mitinbegriffen, aber auch die Umstrukturierung der Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft mit nachhaltigen Lieferketten. Die sind dringend nötig, denn wir als Europäer*innen sind für 10% des Waldsterbens verantwortlich. Pro Stunde wird für uns eine Fläche von 80 Fußballfeldern vernichtet. Das kann man sich nach Bildern von Bränden im Süden Europas nur schwer vorstellen.
Für mich geht der europäische Grüne Deal nicht weit genug. Meine Fraktion im Europa-Parlament, die S&D-Fraktion, fordert etwa, dass Emissionen bis 2030 um 55% im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. Die Kommission beharrt indes auf einer Senkung um lediglich 40%. Auch der Vorschlag zur Kontrolle der Mitgliedsstaaten und der ggf. Nachbesserung der Klimapolitik ist mir zu unkonkret. Hier müssen wir weiter fordern und Gespräche führen, um deutlich ambitionierter zu werden.
Neben dem Schutz der Biodiversität und einer umweltfreundlicheren Landwirtschaft geht es mir vor allem um nachhaltiges Wirtschaften. Unsere Vorgängergeneration ist die erste, die ihren Nachfolgern, also uns, eine Welt in einem schlechteren Zustand hinterlässt als den, den sie selbst aufgefunden haben. Zwar haben wir massiven technologischen Fortschritt, aber eine so ausgebeutete Erde, dass wir deren Ressourcen nicht mehr sozial verträglich oder gar nachhaltig nutzen können. Das ist ein ziemliches Brett und eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen – auch aus Verantwortung für unsere Nachfolger*innen. Es ist offensichtlich, dass das bisherige Wirtschaftssystem, dass auf „nehmen, nutzen, wegwerfen“ basiert, nicht mehr funktioniert. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich unser Materialverbrauch verdreifacht. Wir müssen wegkommen von der Wegwerfgesellschaft hin zu einer sowohl ökologisch als auch ökonomischen nachhaltigen Wirtschaft. Dafür brauchen wir ein starkes Lieferkettengesetz in Europa. Dafür brauchen wir mehr Recycling in Europa. Und dafür brauchen wir ein deutlicheres Bewusstsein. Das Ziel ist eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, die den Wert von Produkten und Stoffen so lange wie möglich erhält. Diese Transformation ist langwierig und schwerfällig. Mir als Sozialdemokratin ist dabei besonders wichtig, dass der Wandel nicht auf dem Rücken der Verbraucher*innen geschieht. Wir dürfen im Klimawandel niemanden zurücklassen.
Es gibt also viel zu tun. Deswegen packen wir es jetzt schon an.
Mit freundlichen Grüßen
Delara Burkhardt