Frage an Delara Burkhardt von Ceren A. bezüglich Umwelt
Stimmen Sie zu, dass die Menschen durch Überschwemmungen, Dürren und andere extreme Ereignisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel betroffen sein werden?
Sehr geehrter Herr Alpac,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich bin mir sicher, dass auch Ihnen die Bilder der schlimmen Fluten in Deutschland von vor wenigen Wochen nicht entgangen sind. Mich haben diese Bilder betroffen gemacht, ich fühle mit den Angehörigen der Opfer. Eine Flutkatastrophe von derartigem Ausmaß zeigt uns deutlich, dass der Klimawandel real ist und seine Folgen bereits spürbar sind. Deutschland ist eines der Länder, welches vom Klimawandel nicht ganz so stark betroffen sein wird: Es ist keine Insel und wird vermutlich nicht untergehen. Unsere Lebensgrundlage wird uns aufgrund verschiedener Wechselwirkungen aus Klima und Umwelt nicht entzogen werden. Dennoch ist diese Katastrophe verheerend. Wenn also eine solche „Jahrhundertflut“ – nicht die erste in diesem Jahrhundert – schon so schlimme Folgen hat, dann kann man sich gar nicht vorstellen, wie drastisch die Auswirkungen des Klimawandels, die sich unter anderem in extremen Wetterlagen äußern werden, auf stark betroffenen Regionen sein werden. Extreme Wetterlagen hat es schon immer gegeben, aber sie werden schlimmer werden und ihre Häufigkeit wird zunehmen. Keine*r möchte sich an Bilder wie die jüngst in Deutschland entstandenen gewöhnen. Deswegen möchte ich vielleicht noch einen Schritt weiter gehen als Ihre Frage: Menschen werden nicht betroffen sein werden. Sie sind es bereits. Deswegen ist jetzt die Zeit zu Handeln.
Ich setze mich für den Klimaschutz auch deswegen ein, weil meine Heimat von zwei Meeren umgeben ist. Wenn wir nicht präventiv handeln, werden wir auch hier von Überschwemmungen stark betroffen sein. Mit dem European Green Deal sind wir als Europaparlament auf einem guten Weg zu effektivem Klimaschutz. Die EU Klimapolitik wird ambitionierter. Das muss sie auch. Mit den Aktionsplänen und Strategien des Green Deals müssen wir auch die soziale Dimension des Klimawandels erfassen und angehen. Schon 2019 haben wir im Europaparlament den Klimanotstand ausgerufen. Wir wissen, dass Handlungsbedarf besteht. Die EU-Kommission hat deswegen im Juli 2021 den ersten Vorschlag für die zukunftsweisende Strategie „Fit For 55“ vorgestellt, an der das Europäische Parlament nun arbeitet. Uns als Europa-SPD war es wichtig, die soziale Dimension des Klimawandels in diesem Strategiepapier zu integrieren. Unsere Forderungen dazu sind hier zu finden: https://www.delara-burkhardt.eu/wp-content/uploads/sites/872/2021/07/Thesenpapier_Vorstand_Europa-SPD_Fit_for_55_Juli_2021.pdf Unter anderem fordere ich mit meinen Kolleg*innen in der Europa-SPD, dass alle Maßnahmen sozial gedacht werden. Preise für Emissionshandel, gerade im Wärmesektor, dürfen nicht auf Endverbraucher*innen abgewälzt werden. Die Folgen von auslaufenden Subventionen, die Kohlehandel irgendwann unwirtschaftlich machen, müssen wir jetzt schon bedenken: Menschen, auch in Deutschland, werden sich auf die Suche nach neuen Berufen begeben müssen. Diesen Weg müssen wir ihnen ebnen. Für mich ist klar: Der Klimawandel ist kein Problem von Europa allein. Die Gesetzgebung hier muss also immer so gestaltet werden, dass Probleme nicht auf Drittstaaten abgewälzt werden. Die Pariser Klimakonventionen gelten nicht nur für uns, und wir können ihr Ziel auch nur global gemeinsam erreichen. Der Blick Europas muss also über den Tellerrand hinaus geschehen.
Das beinhaltet auch die unangenehme Wahrheit: Der Klimawandel ist ein Fluchtgrund. Und die Flucht aufgrund des Verlusts der Heimat oder Existenzgrundlage im Zuge des Klimawandels wird zunehmen. Dürren, Überflutungen, Schädlinge aller Art sind jetzt schon eine reale Bedrohung. Wir haben hierzulande auch eindrücklich gesehen, wie eine Katastrophe die Existenzen von Menschen in kürzester Zeit zunichte macht.
Die SPD in Deutschland hat sich der zukünftigen Generation verschrieben. Wir fühlen uns verpflichtet, ihnen unseren Lebensstandard zu erhalten, ohne auf ihre Kosten den Planeten auszubeuten. Unsere vier Zukunftsmissionen gehen diesem solidarischen Ansatz nach. Die wichtigste ist die Mission des Klimaschutzes. Wir erkennen das Aufhalten des Klimawandels, so gut es noch möglich ist, als Menschheitsaufgabe an. Von unseren Entscheidungen jetzt sind alle zukünftigen Generationen abhängig. Das ist eine große Verantwortung, der wir uns bewusst sind. Das Klimaschutzgesetz in Deutschland, in dem wir maßgeblich involviert waren, war ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Es ermöglicht uns, die Einhaltung der Klimaziele zu kontrollieren. Im Einklang mit den europäischen Klimazielen werden wir die im deutschen Klimagesetz festgehaltenen Ziele noch mal deutlich ambitionierter gestalten müssen, aber das tun wir gerne. Wir haben uns fest vorgenommen: Deutschland muss klimaneutral werden. Leben, Arbeiten und Wirtschaften darf kein zusätzlicher Beitrag zu den ausgestoßenen Treibhausgasen darstellen – das muss bis 2045 von der Utopie zur Wahrheit werden. Dazu ist viel Wandel nötig, der sich nicht auf Grundlage des Geldbeutels von Verbraucher*innen gestalten darf. Das erkennen wir klar als unsere Aufgabe.
Deswegen ist politische Teilhabe wichtig. Der Klimawandel ist ein parteiübergreifendes, zutiefst politisches Thema, das ausnahmslos jede*n betrifft. Unsere europäische und nationale Gesetzgebung betrifft bei Weitem nicht nur diejenigen, die sie aufstellen – oder die jene wählen, die an der Gesetzgebung beteiligt sind. Klimapolitik muss weitschauend sein und solidarisch gestaltet sein, damit auch die, die eben nicht mitreden können, nicht übersehen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Delara Burkhardt