Frage an Daniela Ludwig von Toni B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Raab,
ich sorge mich darum, dass es irgendwann kein gentechnikfreies Saatgut mehr zu kaufen gibt:
Die Konzentration auf dem Saatgutmarkt nimmt immer mehr zu und laut www.wikipedia.org ist der Saatgutkonzern Monsanto in den letzten 7 Jahren durch Aufkäufe von Saatgutfirmen in Höhe von 13 Milliarden Euro nun zum weltzweitgrössten Saatgutkonzern gewachsen. Monsanto hat an Gentechnik-Saatgut 90 Prozent Marktanteil und will diese Sparte weiter ausbauen (und scheint dabei in der Wahl seiner Mittel nicht immer zimperlich zu sein). Er hat in Europa mehr als 100 Patente für Saatgut angemeldet und hat u.a. auch ein Patent auf das zu sterilen Samen führende Terminator-Gen.
Meine Befürchtung geht nun dahin, dass es irgendwann kein gentechnikfreies, ertragreiches Saatgut mehr zu kaufen gibt, da Monsanto alle Firmen mit leistungsfähigen Sorten aufgekauft hat und die Weltmarktrolle auch finanziell (und vielleicht auch politisch – vielleicht ist Ihnen ja der Spruch „beherrsche die Nahrung, und Du beherrschst die Menschen“) auszunutzen versucht und dass er mit dem Gentechniksaatgut + Terminatortechnologie eine totale Abhängigkeit in der Weltnahrungsmittelerzeugung installieren kann. Vielleicht sind Ihnen ja auch die inzwischen 17107 Selbstmorde indischer Bauern bekannt, die durch Monsanto-Saatgut in den wirtschaftlichen Ruin getrieben wurden? Ich sehe die Nahrungsmittelsicherheit als nationale Aufgabe an, bei der sich ein Land nie total abhängig von ausländischen Konzernen machen darf, deshalb würde ich hier sogar ein Engagement des Staates (durch Beteiligung an Saatgutfirmen/Patenten) begrüssen. Ist Ihnen das Thema bewusst?
Ich verstehe auch nicht, warum ausgerechnet nur 500 Meter von den Nachbauflächen der weltgrössten Weizensaatbank in Gatersleben/Sachsen-Anhalt von Herrn Seehofer ein Freisetzungsversuch von genmanipulierten Weizen genehmigt wurde und so der Verlust von 60000 Getreidesorten in Kauf genommen wird – wie ist dies zu erklären?
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Frage hinsichtlich der Entwicklung der Gentechnik und der Sicherung gentechnikfreien Saatguts.
Der Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft wird gerade bei uns in der CSU-Landesgruppe intensiv diskutiert. Ich selbst stehe ihr sehr kritisch gegenüber.
Auch wenn wir in Bayern bisher so gut wie keinen kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen haben, müssen wir feststellen, dass in anderen Bundesländern und ganz besonders auch im Ausland der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in stark zunehmendem Maße fortschreitet. Einfache Antworten, wie z. B. die Ausrufung von gentechnikfreien Zonen, die vielleicht sehr populär wären, führen daher nicht weiter und verstoßen außerdem gegen EU-Vorschriften.
Die CSU-Landesgruppe ist sich der Problematik des Einsatzes von Gentechnik in der Landwirtschaft voll bewusst und schließt sich den Aussagen unseres Umweltministers Siegmar Gabriel an, dass die sog. Terminator-Technologie, bei der die Samen in der zweiten Generation unfruchtbar sind und somit kein Nachbau betrieben werden kann, von Deutschland strikt abgelehnt wird. In diesem Bereich gibt es schlicht zu große Wissenslücken über die ökologischen, aber auch die sozialen und ökonomischen Folgen.
Dies ist eines der Ergebnisse der 8. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die biologische Vielfalt, die letztes Jahr in Brasilien stattgefunden hat und der 190 Vertragsstaaten angehören.
Ihrer Befürchtung, dass Freisetzungsversuche dazu führen, dass es bald kein gentechnikfreies Saatgut mehr gibt, kann ich so nicht ganz zustimmen.
Das oberste Gebot der Genbankarbeit ist seit jeher die Vermeidung von Auskreuzungen zwischen Pflanzen unterschiedlicher Herkünfte, um sie im „Originalzustand“ zu erhalten. Beim Weizen ist dies bisher erfolgreich geschehen.
Molekulare Untersuchungen haben ergeben, dass trotz der 50jährigen Praxis, Weizenherkünfte im Feld zu vermehren, keine Vermischung stattgefunden hat.
Da Weizenpflanzen sich selbst bestäuben, ist die Wahrscheinlichkeit einer Auskreuzung grundsätzlich als gering anzusehen. Um diese weiter zu minimieren, muss nach meinen Informationen eine Versuchsfläche im Abstand von mindestens 120 Metern zu anderen Weizenfeldern angelegt werden. Zu den Vermehrungsflächen des Getreidesortiments der Genbank des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) wird ein Abstand von 500 Metern gefordert, um Einkreuzungen sicher zu vermeiden. Außerdem wird die Freisetzungsfläche von der Genbankfläche durch eine Mantelsaat aus Büschelschön (Phacelia), einen Gerstenschlag sowie einen Gebüsch- und Baumstreifen abgeschirmt. Durch diese räumlichen Gegebenheiten soll in Verbindung mit den Auflagen des Genehmigungsbescheides die ohnehin geringe Möglichkeit des Auskreuzens zusätzlich minimiert werden.
Das gentechnisch veränderte Saat- und Erntegut wird entsprechend gekennzeichnet. Die geernteten Samenkörner werden vom Antragsteller analysiert und sind anschließend zu vernichten. Sie dürfen weder verfüttert noch als Lebensmittel verwendet werden. Damit Wildtiere keine Weizenkörner verschleppen können, ist die Fläche vom Antragsteller zudem engmaschig einzuzäunen und während der Körnerreife mit einem Vogelnetz zu schützen.
Dies sind nur einige der Sicherheitsmaßnahmen, die ergriffen werden müssen, um die Umgebung und die Verbraucher zu schützen.
Bei all diesen Überlegungen darf auch nicht vergessen, werden, dass z.B. die rote Gentechnik, die der Entwicklung diagnostischer und therapeutischer Verfahren zur Heilung von Krankheiten dient, oder die graue oder weiße Gentechnik, die zur Herstellung von Enzymen für industrielle Zwecke in der Mikrobiologie oder in der Umweltschutztechnik dient, inzwischen weitgehend anerkannt und zum Wohle der Gesellschaft erfolgreich eingesetzt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Raab, MdB