Wie stehen Sie zu dem Volksbegehren „Hamburg Werbefrei“, das Außenwerbung in Hamburg begrenzen möchte und damit die Energieverschwendung und Lichtverschmutzung in Hamburg begrenzen?
Beleuchtete, hinterleuchtete und digitale Werbeanlagen sind für einen Großteil der Lichtverschmutzung und die damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf Menschen und Natur verantwortlich. Die Folgen von künstlichem Licht am Abend und bei Nacht reichen von Schlafstörungen bis zu schwerwiegenden Stoffwechselerkrankungen. Bei Insekten und Vögeln werden das Paarungs- und Wanderverhalten sowie die Nahrungssuche nachhaltig gestört, was schließlich zu einer Verminderung der Artenvielfalt führt. Digitale Werbeanlagen wie Videomonitore und Mediaboards haben einen enormen Ressourcen- und Energieverbrauch. Eine beidseitig betriebene digitale Werbeanlage im CityLightPoster-Format (ca. 2 qm Werbefläche) hat bei einem durchgängigen Betrieb einen jährlichen Energieverbrauch von etwa 15.000 kWh. Dies entspricht dem Verbrauch von etwa zehn Einpersonenhaushalten. Bei einem Betrieb von 6 bis 24 Uhr liegt der jährliche Energieverbrauch bei etwa 11.250 kWh.

Vielen Dank für die Frage!
Das Thema ist eines, das mir schon sehr lange unter den Nägeln brennt. Im Jahr 2022 habe ich darüber einen meiner ersten politischen Anträge verfasst. Den können Sie nachlesen im Beschlussbuch der JuSo-Landesdelegiertenkonferenz im Juni 2022 (Antrag B4: Abschaffung Entbehrlicher Beleuchtung). Dieser Antrag galt dann (meiner Auffassung nach irrtümlicherweise) im Vorfeld als erledigt durch Regierungshandeln, da zu diesem Zeitpunkt die Energieeinsparverordnung (EnEV) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gültig war. Diese ging längst nicht so weit wie der ursprüngliche Antrag fordert und war vor allem zeitlich befristet und lief im April 2023 endgültig aus. Auf meine Initiative wurde in der Bezirksversammlung Harburg im Ausschuss für Klima, Umwelt und Verbraucherschutz, dem ich beisitze, berichtet, dass die EnEV effektiv nicht kontrollierbar gewesen sei (Hierzu die Drucksache und Stellungnahme der Verwaltung). Das Thema beschäftigt mich allerdings weiter und ich werde es auch weiterhin zur Sprache bringen. Derzeit habe ich in meinem Distrikt Neugraben-Fischbek eine Neufassung eingereicht, die hoffentlich bei einem der nächsten Landesparteitage beschlossen wird.
Im Rahmen der Klimaanpassung hat die Stadt bereits einige erste Maßnahmen getroffen. Etwa wird bei öffentlichen Gebäuden verstärkt auf Energieeinsparung geachtet und jüngst wurde für die insekten- und fledermausfreundliche Beleuchtung entlang der Laufstrecke an der Alster ein Betrag von 150t€ bewilligt. Zweifelsfrei reicht das (und das Übrige) nicht aus, aber es zeigt, dass das Thema allmählich ankommt im Bewusstsein der Stadt. Ich werde mich, sollte ich gewählt werden für weitere Schritte einsetzen.
Es gilt allerdings darauf zu achten, dass dies auch rechtskonform und nicht zum Nachteil insbesondere kleiner Gewerbe geschieht, denn es ist möglich, dass diese durch zu niedrigen Stromverbrauch nicht mehr als Sondervertragskundschaft gelten und somit höhere Konzessionsabgaben und Stromtarife bezahlen müssten. Dies muss zum Teil auf Bundesebene geändert werden. Weitere Hürden sind nicht auszuschließen. Nicht davon betroffen sind nach meiner Auffassung Werbeflächen außerhalb der Räumlichkeiten betreffender Gewerbe.
Die Initiative "Hamburg Werbefrei" verfolgt ein in meinen Augen erstrebenswertes Ziel an. Allerdings ist Werbung nicht grundsätzlich sinnlos oder falsch und hat auch ihre Daseinsberechtigung. Über das Ausmaß ließe sich streiten. Zwar tendiere ich zu so wenig wie möglich, allerdings könnte es einige Zwecke (etwa auch Vereine oder Volksinitiativen) geben, die massiv unter Einschränkungen leiden könnten, von insbesondere kleinem Gewerbe mal abgesehen. Ein völliges Verbot würde außerdem die Betreiber der Werbeflächen effektiv ihrer Geschäftsgrundlage berauben. Dies rechtfertigt in meinen Augen jedoch nicht die völlig zwecklose Energieverschwendung und die Vorschläge, die die Initiative macht, sind nach meiner Einschätzung völlig im Rahmen des Hinzunehmenden.
Mit freundlichen Grüßen,
D. Thewes