Frage an Daniel Bahr von Enzo A. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Bahr,
was halten Sie davon das Ausstellen von Attesten aus dem Leistungskatalog der Krankenkasse zu streichen und die Kosten hierfür –sollte der Arbeitgeber auf eines bestehen – dem Arbeitgeber zu übertragen?
Begründung:
Es entstehen im Gesundheitssystem hohe Kosten und Kapazitätsbindung dadurch dass gesunde, jedoch unmotivierte Arbeitnehmer sich ein Attest beim Arzt holen. Da Sie es in der Praxis sowieso bei einem Arzt erhalten ist das Attest kein probates Mittel der Feststellung des krank seins des Arbeitnehmers.
Andererseits entstehen hohe Kosten da Arbeitnehmer, welche zwar krank sind, jedoch zur Überwindung dieser Krankheit keine medizinische Beratung benötigen (Schnupfen, Kopfweh etc.) zum Arzt gehen und sich bezüglich des Attestes ebenfalls eine medizinische Beratung genießen, anstatt – was sie im Anschluss auch tun, schlichtweg die Therapie mit Hausfrauenmedizin.
Ist es daher wirklich Aufgabe des Beitragszahlers das begründete, wie unbegründete Misstrauen von Arbeitgebern gegenüber seiner Arbeitnehmer zu verwalten? Oder steht diesem nicht bereits über die Konsolidierungsmöglichkeit eines Betriebsarztes oder Werksarztes ein ausreichendes Intervenierungspotential zur Verfügung?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Aduro,
vielen Dank für Ihre Frage. Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit ist Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und die Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse. Der Arzt hat bei der Ausstellung besondere Sorgfalt walten zu lassen. Voraussetzungen und Verfahren sind in den - für alle Ärzte verbindlichen - Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses geregelt. Hegt die Krankenkasse oder ein Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt, kann der Medizinische Dienst der Krankenkassen mit der Begutachtung des Versicherten beauftragt werden.
Ich erwarte im übrigen, dass der Arzt bei "gesunden, jedoch unmotivierten Arbeitnehmern" (Ihr Beispiel) die Ausstellung eines Attests verweigert. Das gehört zu meinem Verständnis von Verantwortung und Eigenverantwortung, ohne die eine Versicherung nicht funktionieren kann, dazu.
Die Ausstellung der AU-Bescheinigung kann vom Arzt nicht gesondert abgerechnet werden; die Leistung gilt im Rahmen der Versichertenpauschale als abgegolten. Ihr Vorschlag, die Begutachtung durch einen Werks- oder Betriebsarzt durchführen zu lassen, ist sicherlich auf den ersten Blick nicht abwegig. Ich habe jedoch Bedenken, was die praktische Umsetzbarkeit angeht. Häufig steht - gerade bei kleineren Arbeitgebern - ein solcher Betriebsarzt nicht ständig zur Verfügung. Auch kann es erkrankten Arbeitnehmern meines Erachtens nicht zugemutet werden, anstelle des meist wohnortnahen Hausarztes bei einer Erkrankung dennoch die Arbeitsstelle aufzusuchen, um sich dort untersuchen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Bahr