Frage an Dagmar Freitag von Manuel N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Freitag
es gibt die "Anlage 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages - Registrierung von Verbänden und deren Vertretern", wodurch Verbände in eine öffentlich einsehbare Liste eingetragen werden, um Gehör und Zugang zum Bundestag zu erhalten.
Was spricht für Sie dagegen, die GO so zu erweitern, dass auch mit Unternehmen so verfahren wird?
Warum gibt es hier eine Ungleichbehandlung?
Beste Grüße
M. N.
Sehr geehrter Herr Neumann,
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 24. Februar 2018. Ich stimmen Ihnen zu, dass es einer besseren Nachvollziehbarkeit der Interessensvertretung im Rahmen politischer Vorhaben des Parlaments und deren Umsetzung bedarf – das gilt für Verbände und auch für Unternehmen. Die bestehende Verbändeliste gemäß Anlage 2 der Geschäftsordnung ist bislang leider nur unzureichend aussagekräftig.
Die Vertretung vielfältiger Interessen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit gehört durchaus zu den Wesensmerkmalen einer Demokratie. Ein weiteres Argument für eine Beteiligung ist die Bedeutung externer Expertise. Mitwirkung heißt für mich Meinungsaustausch, nicht aktive Einflussnahme.
Und: es ist für die Bewertung der Legitimität von Interessensvertretung entscheidend, inwieweit sie im Einklang mit den Grundsätzen von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität vertreten werden. Um das Vertrauen unserer Bevölkerung in den Beteiligungsprozess zu stärken, fordert die SPD-Bundestagsfraktion einen umfassenden und einheitlichen Regelungsrahmen für die Interessensvertretung.
In der Europäischen Union war der Deutsche Bundestag das erste Parlament mit einer formal geregelten Registrierung von Lobbyisten ab 1972. Diese Regelung hat sich inzwischen leider in der Praxis als unzureichend erwiesen. In den vergangenen Jahren haben außerdem zahlreiche Staaten, wie beispielsweise Irland, Österreich und Großbritannien, Lobby-Gesetze erlassen. Zusätzlich wirken derzeit mehrere Organisationen daran mit, internationale Standards für die Lobby-Regulierung zu setzen, darunter die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der Europarat.
Aus den dargestellten Gründen teile ich die Position meiner Fraktion, dass eine Mitwirkung der aktiven Interessensvertreter an politischer Willensbildung, Gesetzgebung und Gesetzesvollzug durch eine verpflichtende Registrierung und Offenlegung beim Deutschen Bundestag nachvollziehbar sein muss.
So wollen wir gewährleisten, dass eindeutig erkennbar ist, in wessen Namen Interessensvertreter handeln und aus welcher Quelle und in welcher Höhe ihre Tätigkeiten finanziert werden. Zusätzlich möchten wir Gremien der berufsständischen Selbstregulierung stärken und ihnen – gemeinsam mit einer kritischen Öffentlichkeit – die Bewertung möglichen individuellen Fehlverhaltens überlassen.
Ich werde mich im Rahmen meiner Möglichkeiten gemeinsam mit meiner Fraktion weiterhin für mehr Transparenz in der Interessensvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Freitag