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Frage von Mario I. •

Frage an Dagmar Freitag von Mario I. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie stehen Sie am 19.09. bei Ihrem Parteikonvent zum geplanten Freihandelsabkommen Ceta? Sollte dies vorläufig eingeführt werden? Wird dort auch mit so einem immensen Wirtschaftswachstum gerechnet wie bei TTIP?

Mit freundlichen Grüßen

Mario Ickert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ickert,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Es ist richtig, dass die SPD sich auf dem Parteikonvent am 19.9. in Wolfsburg mit dem geplanten Freihandelsabkommen CETA beschäftigen wird. Wir sind damit die einzige Partei in Deutschland, die sich dieser wichtigen Diskussion in dieser Form stellt. Es entspricht unserer sozialdemokratischen Tradition, uns weltweit für eine faire und nachhaltige Handelspolitik einzusetzen. Ziel ist es, bewährte Standards zu erhalten, dabei den Handel zu fördern und einen Beitrag zur Gestaltung der Globalisierung zu leisten.

Obwohl Kanada zu unseren engsten Partnerländern zählt, haben wir bisher kein Handelsabkommen mit Kanada. Meiner Meinung nach ist es mit CETA gelungen, ein Abkommen zu verhandeln, das hohe Standards setzt und gleichzeitig die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kanada deutlich verbessert. Global gesehen ist CETA ein Handelsabkommen, das einen Impuls hin zu notwendigen Regulierungen und Reformen bringt.

Völkerrechtliche Verträge sind von Regierungen und Parlamenten zu billigen, dies gilt auch für CETA. Die Entscheidung der EU-Kommission, CETA als gemischtes Abkommen einzustufen, ist der richtige Weg. Damit werden sowohl das Europäische Parlament als auch die nationalen Parlamente CETA ratifizieren. Erst danach wird das Abkommen vollständig in Kraft treten können. Dies ist insbesondere dem Einsatz unseres Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und des EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz zu verdanken. Ich kann Ihnen versichern, dass die SPD-Bundestagsfraktion von ihren parlamentarischen Rechten adäquat Gebrauch machen wird. Zuvor nehmen wir als SPD uns jetzt aber die Zeit, in Ruhe zu diskutieren. Im parlamentarischen Verfahren findet am 5.9. zudem eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zum Thema CETA statt, die per Live-Stream übertragen wird und zu der sich auch interessierte Bürgerinnen und Bürger anmelden können ( https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw36-pa-wirtschaft/436262 ).

Die gegenseitige Öffnung des kanadischen und europäischen Marktes für Güter, Dienstleistungen und Investitionen bietet neue Marktchancen für Unternehmen auch in unserem ländlichen Bereich. Sie sichert Arbeitsplätze in den heimischen mittelständischen Unternehmen, von denen viele geprägt sind durch eine enge Anbindung an die exportorientierte Automobilindustrie. CETA sieht einen weitgehenden Zollabbau, einen besseren Zugang von Unternehmen zu den jeweils anderen Beschaffungsmärkten, eine erleichterte gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen, einfacheren temporären Austausch von Mitarbeitern und Verbesserungen des Schutzes geistigen Eigentums vor. Gerade für eine Exportnation wie Deutschland ist dies von erheblicher Bedeutung. Jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande hängt vom Export ab, in der Industrie ist es jeder zweite.

Selbstverständlich kann ich nachvollziehen, wenn Bürgerinnen und Bürger bestimmte Entwicklungen in der Globalisierung kritisieren und ihren Unmut auch in Richtung Freihandel und CETA kanalisieren. Ich bin aber der Auffassung, dass eine Exportnation wie Deutschland es sich nicht leisten kann, dem Welthandel grundlegend ablehnend gegenüberzustehen. Vielmehr sollten wir uns mit den Rahmenbedingungen dieses Welthandels auseinandersetzen und versuchen, diese möglich fair und nachhaltig zu gestalten. Wie das möglich ist, zeigt der Erfolg von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Ihm ist es in den Verhandlungen gelungen, eine Änderung des kritisierten Verfahrens der "Investor-Staat-Streitbeilegung" durchzusetzen. Stattdessen sieht CETA nun einen transparenten, multilateralen Investitionsgerichtshofs vor, mit unabhängigen Richtern, die nicht parallel als Anwälte oder Gutachter in anderen Investitionsschutzverfahren arbeiten dürfen.

Wenn die EU-Mitgliedstaaten beim globalen Handel ihr Gewicht gemeinsam in die Waagschale werfen, können wir einiges bewegen. Andernfalls werden wir das akzeptieren müssen, was andere bestimmen - da stellt sich die Frage, ob wir die Setzung der Standards wirklich anderen Wirtschaftsmächten wie etwa China überlassen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Freitag