Frage an Dagmar Freitag von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Freitag,
ich habe noch ein paar Fragen zu Ihrer Antwort an Herrn Schmelzenburg. Sie schreiben: "Mittlerweile haben wir im Deutschen Bundestag, wie auch meine Parlamentskollegen in den anderen EU-Mitgliedsländern, in einem Leseraum Zugang zu allen konsolidierten Verhandlungstexten." Die Texte sind in Englisch und wohl eher von Experten für Experten nicht für Normalgebildete. Sind Sie der englischen Sprache so sehr mächtig, das Sie alles verstehen können? Brauchen Sie bei bestimmten Artikeln keine fachliche Erläuterung? Sie dürfen also keine Notizen machen und können Niemanden um Rat fragen, das ist Ihre Vorstellung von Transparenz? Besonders spassig erscheint mir Ihre Einlassung: "Selbstverständlich wird auch das endverhandelte Abkommen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht." Diese Selbstverständlichkeit nützt mir aber nichts mehr, dann weiss ich zwar, warum sich etwas verschlechtert oder Deutschland verklagt wird, nur ändern kann ich nichts mehr daran. Sollten denn die Bürger nicht wissen, was da ausgehandelt wurde, BEVOR es unterschrieben wird? Würden Sie Ihrem Anwalt eine Blankvollmacht für einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag geben? Die CETA Texte sind ja nun schon länger bekannt, haben Sie Sich dazu schon eine Meinung gebildet?
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
seit Beginn der TTIP-Verhandlungen haben wir uns stets um mehr Transparenz bemüht. Der TTIP-Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium ist ein Schritt in die richtige Richtung – bisher gab es noch bei keinem anderen Handelsabkommen diese Möglichkeit.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass es sich bei TTIP um ein sog. „gemischtes Abkommen“ handeln wird. Gemischte Abkommen sind völkerrechtliche Übereinkommen, an denen auf europäischer Seite sowohl die EU als auch die Mitgliedsstaaten als Parteien beteiligt sind. Bei einem gemischten Abkommen müssen der Europäische Rat (qualifizierter Mehrheitsbeschluss) als auch das Europäische Parlament zustimmen. Im Anschluss müssen alle EU-Mitgliedsstaaten das Abkommen einzeln ratifizieren.
Die Verhandlungen werden höchstwahrscheinlich noch länger andauern. Sobald TTIP endverhandelt ist, wird es eine Übersetzung geben, die öffentlich zugänglich sein wird. Wie schon erwähnt, bedarf es im Falle eines gemischten Abkommens der Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten. Für das deutsche Recht bedeutet dies, dass der Deutsche Bundestag dann über das TTIP-Abkommen abstimmen muss.
Das CETA-Verhandlungsergebnis wird zur Zeit einer Rechtsförmlichkeitsprüfung bei der Europäischen Kommission unterzogen. Danach wird die EU Kommission das Abkommen an den Rat übermitteln. Die Übersetzung erfolgt zeitgleich. Der Text wird in deutscher Sprache voraussichtlich im Sommer 2016 zur Verfügung stehen. Kanada ist ein wichtiger Handelspartner der EU, und daher hat der Abschluss eines umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens erhebliche Bedeutung für die exportorientierte Wirtschaft unseres Landes.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Freitag, MdB