Frage an Dagmar Freitag von Ulf D. bezüglich Finanzen
Betreff: Eurobonds statt Rettungsschirm
Sehr geehrte Frau Freitag!
Das Misstrauen der Anleger in Staatsanleihen einiger überschuldeter Euro-Staaten wird nach der Abwertung von AAA auf AA+ durch die Rating-Agentur Standard & Poor´s wieder größer werden. Dadurch können die Zinssätze für Neuanleihen steigen. Wird der Euro-Rettungsschirm wegen der Finanznot ausgeweitet, müssen immer weniger Euro-Staaten für immer mehr Euro-Staaten garantieren.
Werden dagegen Eurobonds aufgelegt, enden die Zinswetten gegen einzelne Staaten des Euro-Raumes. Ein Vergleich mit den Dollarbonds zeigt, dass die USA zwar höher verschuldet sind als der Euro-Raum. Trotzdem führt die Finanzpolitik des Gesamtstaates USA zu niedrigeren Zinsen als der heutige Durchschnittszinssatz für Staatsanleihen im Euro-Raum. Die Mehrbelastung durch den etwas höheren Zinssatz für Eurobonds würde den deutschen Bundeshaushalt mit 17 Milliarden jährlich belasten, war in meiner Tageszeitung zu lesen. Bei einem drohenden Zusammenbruch des Euro-Währungssystems wäre das Risiko für Deutschland als Garant des Rettungsschirms größer.
Wären Eurobonds nicht die richtige Lösung der Krise, wenn die Euroländer per nationalen Gesetzen die Finanzpolitik auf das Europarlament übertragen würden? Bin gespannt auf Ihre Antwort.
58644 Iserlohn, Ulf Draack 17.01.2012
Sehr geehrter Herr Draack,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Seit Wochen wird das Thema der "gemeinschaftlichen Haftung" (sei es unter dem Stichwort Euro- oder Stabilitätsbonds oder der Vorschlag des deutschen Sachverständigenrates eines Schuldentilgungsfonds) auch innerhalb der SPD intensiv diskutiert.
Als kurz- bis mittelfristige Lösung für die massiven Refinanzierungsprobleme einiger Euro-Länder eignet sich der Vorschlag zur Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds. Auf dem SPD-Bundesparteitag im Dezember 2011 hat sich die SPD für die Prüfung dieses Vorschlags ausgesprochen: Die gemeinschaftliche Haftung der Euroländer wäre hier nicht - wie die Gegner von Eurobonds immer befürchten - ein möglicher Einstieg in eine immer weiter gehende Verschuldung der Krisenländer, sondern im Gegenteil mit einer Verpflichtung zu einer echten Schuldentilgung verbunden. Die stets von uns geforderte Verknüpfung einer Gemeinschaftshaftung mit strengen Auflagen wäre in diesem Vorschlag ebenfalls erfüllt.
Dabei soll der Teil der Staatsverschuldung, der die Maastricht-Grenze von 60 Prozent überschreitet, für einen bestimmten Zeitraum in einen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung ausgelagert werden. So können sich die Krisenstaaten zu tragbaren Konditionen finanzieren. Im Gegenzug werden nationale Schuldenbremsen sowie Konsolidierungsprogramme von den betroffenen Ländern erwartet. Der Schuldentilgungspakt bietet die Chance, die Risiken exzessiver Staatsschulden beherrschbar zu machen und verknüpft Sparmaßnahmen mit Wachstumsanstrengungen. Der Tilgungspakt ist jedoch als einmaliges Instrument für bereits bestehende Altschulden konstruiert.
Darüber hinaus müssen wir Maßnahmen ergreifen, die den europäischen Anleihemarkt langfristig stärken, ihn attraktiver und sicherer machen. Hier kann der Einführung von konditionierten Gemeinschaftsanleihen eine Schlüsselrolle zukommen.
Informationen zu Eurobonds finden Sie auf der Seite der SPD:
http://www.spd.de/aktuelles/Kontakt/5840/haeufig_gestellte_fragen.html
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Freitag