Frage an Dagmar Freitag von Bettina G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Freitag,
wie stehen Sie zur Einführung eines "Bedingungslosen Grundeinkommens", wie es von Prof. Götz W. Werner ins Gespräch gebracht wurde?
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Griesenbruch
Sehr geehrte Frau Griesenbruch,
seit einigen Jahren hat die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) eine neue Dynamik bekommen.
Die einzelnen Modelle für ein BGE sind auf unterschiedliche Begründungszusammenhänge aufgebaut. Alle Modelle für ein BGE haben jedoch die gemeinsame Annahme zur Grundlage, dass es in unserer Gesellschaft nicht mehr genügend Arbeit gibt.
Die SPD lehnt eine BGE ab. Denn: Arbeit bleibt für uns die Grundlage von Wohlstand und sozialer Sicherheit. Es gibt ausreichend Arbeit in der Gesellschaft, z.B. im sozialen Bereich. Und: Neue Beschäftigungsfelder können geschaffen werden (z. B. im Bereich Gesundheit, ökologische Industriepolitik, neue Technologien). Sie muss organisiert und gerecht verteilt werden. Wer sagt, es gäbe nicht mehr genug Arbeit, schiebt Menschen in die Perspektivlosigkeit ab und nimmt ihnen damit auch ein Stück ihrer Würde. Das Grundeinkommen wäre somit eine Stillhalteprämie. Ein BGE entwertet die Leistung der arbeitenden Menschen und damit auch ihre Lebensleistung, weil - gerade im Bereich der Alterssicherung - die soziale Sicherung nicht mehr Ergebnis des eigenen Arbeitens ist. Ein BGE ist nicht finanzierbar.
Die SPD steht für Mindestlöhne statt staatlicher Lohnsubvention. Menschen, die Arbeit und Existenz sichernde Löhne haben, brauchen kein Grundeinkommen.
Außerdem sind soziale Problemlagen heute vielschichtiger - Armut ist nicht nur auf materielle Armut reduzierbar und deshalb nicht ausschließlich über soziale Transfers zu bekämpfen. Der Sozialstaat stellt auch soziale Dienstleistungen, wie z.B. Beratungen, Familienhilfen und Jugendeinrichtungen, zur Verfügung. Weiterhin muss ein vielfältiges Bildungsangebot vorhanden sein. Auch hierfür setzt sich die SPD ein. Fehlende Bildungschancen werden z.B. durch ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht bekämpft. Die Teilhabe am Erwerbsleben wird sogar erschwert - das bedingungslose Grundeinkommen wirkt ausgrenzend.
Die SPD tritt stattdessen dafür ein, die bereits bestehende Grundsicherung weiter zu entwickeln, damit die Bürgerinnen und Bürger abgesichert sind, die Existenz sichernde Unterstützung brauchen.
Darüber hinaus entwickeln wir den Sozialstaat in seiner ganzen Breite weiter, damit er die Bürgerinnen und Bürger unterstützen kann, ihre Perspektiven und Chancen zu verwirklichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Freitag