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Frage von Sebastian P. •

Frage an Dagmar Freitag von Sebastian P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sie haben am 18.6. dem Gesetz zu den sog. "Internetsperren" zugestimmt.

Mich würden Ihre Beweggrüne interessieren, weshalb Sie diesem Gesetz zugestimmt haben, und Ihre Meinung zu den geäußerten Bedenken hinsichtlich des Aufbaus von Überwachungsstrukturen und der de facto Einführung staatlicher Zensur durch ebenjenes Gesetz. Ein weiterer zu beleuchtender Aspekt wäre die Tatsache, dass dieses Gesetz eine Pflege der Sperrlisten durch das BKA vorsieht, vorbei an der parlamentarischen Kontrolle und unter Umgehung der verfassungsmäßigen Gewaltenteilung.

Ich würde mich freuen, wenn Sie zu dieser Frage nicht nur hier Stellung nehmen würden, sondern insbesondere auch gegenüber den Menschen im Wahlkreis Märkischer Kreis II dieses Abstimmungsverhalten erläutern könnten.

Vielen Dank

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Porstendorfer,

vielen Dank für Ihren Eintrag zur Verabschiedung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Gerne möchte ich Ihnen erläutern, warum ich dem Gesetzentwurf im Bundestag zugestimmt habe.
Das Gesetz soll der Bekämpfung von Kinderpornografie und deren Verbreitung in modernen Kommunikationsnetzen dienen. Sie äußern die Befürchtung, dass dies nur auf Kosten einer eingeschränkten Informationsfreiheit und dem Aufbau von Überwachungsstrukturen möglich ist. Ich halte es für wichtig, dass wir die Werte des Schutzes der Kinder und der Informationsfreiheit nicht gegeneinander ausspielen.

Für das jetzt beschlossene Gesetz wurde der ursprüngliche Gesetzentwurf daher in wichtigen Punkten überarbeitet – die SPD-Bundestagsfraktion konnte in den Verhandlungen mit der Unionsfraktion die wichtigsten Änderungsvorschläge durchsetzen. Damit haben wir die wesentlichen Kritikpunkte, die sich aus der Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages und einer Stellungnahme des Bundesrates ergeben haben, berücksichtigt.

Die wichtigsten Änderungen sind:

*Löschen vor Sperren*

Nach dem Grundsatz „Löschen vor Sperren“ ist festgelegt, dass eine Sperrung der Seiten durch die nicht verantwortlichen Internet-Zugangsvermittler nur dann in Betracht kommt, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornographischen Inhalte durch Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit erfolgversprechend ist.

*Kontrolle der BKA-Liste*

Die Liste wird kontrolliert von einem unabhängigen fünfköpfigen Gremium, das vom Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit für die Dauer der Geltung des Gesetzes (bis zum 31.12.2012) bestellt wird. Damit wird dem Wunsch nach mehr Transparenz bei der juristischen Bewertung, ob die Inhalte die Voraussetzungen des § 184b StGB erfüllen, nachgekommen. Die Mehrheit der Mitglieder muss die Befähigung zum Richteramt haben; das Gremium ist berechtigt, jederzeit die Sperrliste einzusehen und zu überprüfen.

*Datenschutz*

Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird ausgeschlossen, dass gegen Nutzer/innen, die durch Spam-Mails fehlgeleitet wurden, ermittelt wird. Eine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern ist darüber hinaus nicht mehr vorgesehen.

*Spezialgesetzliche Regelung*

Die im Gesetzentwurf bisher für das Telemediengesetz vorgeschlagenen Regelungen zur Zugangserschwerung werden in eine spezialgesetzliche Regelung überführt. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten. Mit dem neuen Regelungsstandort in einem besonderen Gesetz soll noch deutlicher werden, dass eine Zugangserschwerung auf weitere Inhalte ausgeschlossen bleiben soll. Der Änderungsantrag geht damit auf die vielfach geäußerten Befürchtungen ein, die Zugangserschwerung könnte mittelfristig weiter ausgedehnt werden.

*Befristung*

Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31.12.2012 befristet. Nach zwei Jahren ist eine Evaluation vorgesehen, um auf dieser Grundlage endgültig zu entscheiden.

Die Diskussion über den Gesetzentwurf ist in den vergangenen Wochen sehr emotional geführt worden. Ich bin mir sicher, dass wir uns einig sind, dass Kinderpornografie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden muss – es ist unsere Pflicht, Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewalt zu schützen.

Ich bin der Überzeugung, dass das Gesetz in der Form, in der es nun verabschiedet wurde, nicht die Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger einschränkt. Die Befürchtungen, das Gesetz könnte der Boden sein für flächendeckende Zugangserschwerung und Zensur in Deutschland, erübrigen sich insbesondere durch die spezialgesetzliche Regelung.

Sollten wir in zwei Jahren feststellen, dass das Gesetz sein Ziel – und das ist, ich betone es noch einmal: die Bekämpfung der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten in modernen Kommunikationsnetzen – verfehlt, haben wir die Möglichkeit, erneut zu entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

Dagmar Freitag