Frage an Claudius Roggenkamp von Gerhard G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Roggenkamp,
ich wende mich an Sie, weil ich glaube dass, wenn schon nicht die Demokratie in diesem Fall versagt, so doch jedenfalls die handelnden Politiker. Ich mache mir wirklich Sorgen um meine Bürgerrechte und letztendlich um den Zustand unserer Demokratie, wenn ich die aktuelle Diskussion um die Geheimdienste verfolge. Gestern erzählt Herr Pofalla allen Ernstes, dass genau in zwei Fällen Daten an die Amerikaner gegangen sind und damit ist gut so und alles im Detail beantwortet.
Der Mann ist, soweit ich das verstanden habe, auf politischer Ebene dafür zuständig. Amerika ist dabei den Boden der Demokratie zu verlassen, meint zumindest Herr Jimmy Carter.
Ich sehe für mich überhaupt keine Möglichkeit auch nur annähernd an objektive Informationen zu kommen und Herrn Pofalla kann man ja wohl die Angelegenheit vertrauensvoll nicht überlassen. Wenn ich mir die (Zwischen-)Ergebnisse anderer Untersuchungsausschüsse ansehe (EuroHawk, NSU, Mollath ...) ist das auch nicht gerade vertrauenerweckend.
Welche Möglichkeiten sehen Sie für mich in diesem konkreten Fall objektive Informationen zu sammeln? Wie soll ich klar machen, dass ich nicht bereit bin mich in dieser Form für dumm verkaufen zu lassen? Ist das überhaupt ein Thema für Sie?
Vielleicht sollte ich Herrn Joschka Fischer fragen, ob wir wieder eine außerparlamentarische Opposition brauchen. Wenn sich die "Politik" (die Politiker) so weiterentwickelt, werden wir bei der nächsten Wirtschaftskrise, und die kommt bestimmt, um unsere Demokratie bangen müssen. Denn irgend ein Schnautzbart hat immer eine scheinbare Lösung parat. Auch wenn ich Herrn Pofalla und seinen Beamten gerne abnehmen will, dass sie uns genau davor schützen wollen, sollte ihnen jemand sagen, dass sie genau das Gegenteil damit erreichen.
Nochmal die ernst gemeinte Frage: Was kann der einfache Bürger jetzt tun? Wollen Sie etwas tun?
Sehr geehrter Herr Goetz,
den Zusammenhang zwischen dem Verlust unserer Grund- und Bürgerrechte und dem Ende der Demokratie sehe ich genau wie Sie. Ein rund um die Uhr überwachter Mensch ist nicht frei. Er ist nicht in der Lage; sich so zu entfalten, wie es ihm entspricht. Ein solcher überwachter Mensch kann nicht aus sich selbst heraus eine eigene gesellschaftliche Auffassung entwickeln. Der überwachte Mensch ist Untertan und eben nicht Bürger. Selbst wenn wir auch in Zukunft noch die formalen Mechanismen der Mehrheitsentscheidung einhalten sollten, in einer überwachten Gesellschaft bliebe nur die inhaltsleere, formale Hülle der Demokratie. So leid es mir tut, Aufmunterndes habe ich in dieser Sache nicht zu sagen.
Sie beklagen, dass Sie keine glaubwürdigen Informationen erhalten können, wie das Verhältnis der Bundesrepublik zu den großen Überwachungsdiensten der Welt ist. Letztlich liegt das in der Natur der Sache. Es geht eben um Geheimdienste, also um staatliches Handeln außerhalb des Blickfelds der Öffentlichkeit - außerhalb der Kontrollmöglichkeit und somit außerhalb der Durchsetzbarkeit von Recht und Gesetz. Aus diesem Grund passt ein geheimer Apparat nicht zu einer rechtsstaatlichen Demokratie. Wir sollten diese geheime Seite des Staats daher loswerden wollen. Dafür werde ich werben, bis sich die Meinung der Mehrheit in diesem Land ändert. Aber dafür müssten wir als Gesellschaft risikobereit werden. Es geht um Freiheit statt Angst
Bis zu dem Punkt, an dem eine Mehrheit die Geheimdienste loswerden will, müssen wir zumindest die parlamentarische Kontrolle der Dienste stärken. Dazu bräuchte das zuständige Parlamentarische Kontrollgremium einen eigenen Stab an Mitarbeitern, die personell und rechtlich in der Lage sein müssten, eigenständig innerhalb der Dienste zu ermitteln. Heute ist das Gremium auf die Informationen angewiesen, die ihnen genau die Leute geben, die sie kontrollieren sollen.
Im Konkreten Fall ist es mir zumindest egal, was Kanzleramtsminister Pofalla so sagt. Nach allen Enthüllungen über das tatsächliche Ausmaß der Überwachung unterstelle ich bis zum Beweis des Gegenteils, dass die gesamte Kommunikation von den USA und dem UK überwacht wird. Bis zum Beweis des Gegenteils unterstelle ich weiter, dass dies mit Wissen, Billigung und tatkräftiger Unterstützung aller Bundesregierungen spätestens seit den Anschlägen 2001 geschehen ist. Alle bisher bekannten Indizien sprechen für diese Vermutung und nicht für Herrn Pofalls zwei Fälle. Und genau das ist auch das Problem mit Herrn Joseph Fischer, mit dessen Hilfe unter Rot-Grün der Abbau der Grundrechte in der Bundesrepublik erst so richtig begonnen hat (eine recht gute Zusammenfassung bei der TAZ: http://www.taz.de/!51338/ ). Und wenn die Bundesregierung schon damals wusste, was die NSA da aufbaut, dann wusste das auch der Außenminister. Von Rot-Grün ist daher auch in Zukunft in dieser Sache nichts anderes zu erwarten.
Der Skandal hinter all diesen Vorgängen liegt dabei noch etwas tiefer. Er liegt darin, dass seit 2001 alle Bundesregierungen anderen Staaten erlaubt haben, Grundrechte von Bürgern auf dem Gebiet der Bundesrepublik zu verletzen. Die Legitimität des staatlichen Gewaltmonopols beruht aber gerade darauf, dass der Staat andere Rechtseingriffe als seine auf seinem Territorium verhindert oder zumindest versucht zu verhindern. Nach klassischer Staatslehre unterwirft sich der einzelne Mensch dem staatlichen Gewaltmonopol um vor anderer Gewalt geschützt zu werden. Diesen Vertrag kündigt die Bundesregierung auf, wenn sie sich noch nicht einmal bereit zeigt, fremde Gewaltanwendung auf ihrem Gebiet auszuschließen. Grün-Rot-Schwarz-Gelb sägen also mit ihrer Zulassung fremder Überwachung nicht nur an der rechtsstaatlichen Demokratie, sondern auch an den Fundamenten der Staatlichkeit selbst.
Auf Ihre Frage, ob wir in dieser Frage etwas tun wollen, ist die Antwort: Ja. Wir haben uns als Partei gerade deshalb zusammengefunden, um eine Stimme gegen den konstanten Abbau der Bürgerrechte zu formieren. Aus keinem anderen Grund bin ich beigetreten, genau wie fast alle Piraten. Wir haben eine Partei aufgebaut, um es den Wählern zu ermöglichen gegen Überwachung und Grundrechtsabbau zu stimmen. Wenn wir in den Bundestag einziehen sollten, werden wir dort gegen neue Überwachung und für den Abbau bestehender eintreten. Wir werden dafür eintreten, dass die Bundesregierung endlich anfängt, die Bürger vor rechtswidrigen Zugriffen zu schützen und dafür auch den Konflikt nicht scheut. Wir werden versuchen die Informationen zugänglich zu machen, die es den Bürgern erst ermöglichen informiert über die politische Zukunft zu entscheiden. Jede Stimme für uns ist daher auch ein Zeichen in die politische Landschaft, dass man nicht bereit ist, diese Überwachung hinzunehmen. Und sollten wir nicht in den Bundestag einziehen, werden wir eben ohne Parlamentarier weiter für die Freiheit streiten.
Für sich selbst können Sie anfangen Ihre Kommunikation zu verschlüsseln. Als Piraten veranstalten wir Krytoparties, also Veranstaltungen auf denen wir das dazu notwendige technische Wissen vermitteln. Mehr private Verschlüsselung schützt nicht nur jeden einzelnen, sondern macht es den Diensten auch schwerer den Überblick zu behalten. Die nächste Kryptoparty in Augsburg findet am 9.8.2013 um 18:00 in unseren Räumen im Mittleren Graben 1 statt.
Was Sie gesellschaftlich tun können, wenn Sie nicht bei uns mitmachen wollen, ist es den anderen Parteien so unbequem wie möglich zu machen. Gehen Sie zu den Versammlungen und Ständen der anderen Parteien und fragen Sie nach, was sie gegen Grundrechtsabbau unternehmen möchten. Fragen Sie Schwarz-Gelb, warum sie Privatheit als bürgerlichen Wert aufgegeben haben. Fragen Sie bei Rot-Grün was sie wussten, schreiben Sie den Abgeordneten. Machen Sie es denen schwer. Noch ist Grundrechtsabbau viel zu leicht. Überzeugen Sie Ihre Freunde und Bekannten, bis der Unmut in der Gesellschaft eine kritische Masse erreicht. Schreiben Sie den Zeitungen, die seit Jahren das Lied vom Schutz vor Terror spielen. Empören Sie sich, so laut es geht.
Mit freundlichen Grüßen
Claudius Roggenkamp