Geflüchtete in Deutschland müssen immer noch Monate warten, bis sie arbeiten können. Welches Gut wiegt Ihnen hier wichtiger als freie Marktwirtschaft, Bürokratieabbau und die Senkung der Abgabenlast?
Sehr geehrte Frau Raffelhüschen,
herzlichen Dank für ihre Zeit.
Die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten ist ein sehr komplexer Prozess, welcher durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen Geflüchteten, die sich noch im Asylverfahren befinden („Gestattete“), solchen, deren Asylantrag ohne Erfolg geblieben ist, deren Abschiebung aber vorübergehend ausgesetzt ist („Geduldete“) und solchen, die über einen Aufenthaltstitel verfügen. Dieser kann entweder nach der Durchführung eines Asylverfahrens und entsprechender Zuerkennung eines Schutzstatus erteilt werden oder, so insbesondere im Falle der aus der Ukraine geflüchteten Personen, auf anderer Grundlage, wie z.B. der Anwendung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz.
In Folge der Entscheidung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Anwendung der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz erhalten die Geflüchteten aus der Ukraine einen Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG. Die individuelle Durchführung eines Asylverfahrens ist nicht erforderlich! Mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 AufenthG besteht seit dem 1. Juni 2022 bei finanzieller Hilfebedürftigkeit unmittelbar Zugang zu Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII (darunter fällt der Zugang zum Arbeitsmarkt und - im Falle der Arbeitslosigkeit - auch das Recht auf Bürgergeld). Dies erfolgte in Umsetzung des Beschlusses des Bundeskanzlers mit den Regierungschefs der Länder am 7. April 2022. Damit werden die Geflüchteten aus der Ukraine leistungsrechtlich, und soweit es um erwerbsfähige Personen geht, auch bei der Integration in Arbeit, anerkannten Asylberechtigten gleichgestellt. Sie haben somit auch Zugang zu arbeitsfördernden Maßnahmen. Neben der Beratung und Vermittlung kommen insbesondere Leistungen aus dem Vermittlungsbudget, Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und Eingliederungszuschüsse infrage. Auch können grundsätzlich notwendige berufliche Weiterbildungen gefördert werden. Der Zugang zu Integrationskursen (besteht aus Sprach- und Orientierungskurs) wird seitens des Bundesministerium des Innern ermöglicht, Zugang zu Berufssprachkursen besteht bei Arbeitsmarktzugang ebenfalls.
Für Gestattete und Geduldete, also Geflüchtete, die (noch) über keinen Aufenthaltstitel verfügen, gelten Beschränkungen beim Arbeitsmarktzugang. Diese wurden mit einer kürzlich in Kraft getretenen Reform verringert, der Arbeitsmarktzugang erleichtert: Insbesondere wurde das Arbeitsverbot für Gestattete, die zum Wohnen in Aufnahmeeinrichtungen verpflichtet sind, von neun auf sechs Monate verkürzt. Anschließend haben Gestattete unter bestimmtem Voraussetzungen einen Anspruch auf die Erteilung der Arbeitserlaubnis. Geduldeten in Aufnahmeeinrichtungen soll (zuvor: „kann“) nach sechs Monaten eine Beschäftigung erlaubt werden, es sei denn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung stehen bevor. Außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen kann Gestatteten eine Beschäftigung weiterhin bereits nach drei Monaten erlaubt werden, Geduldeten soll (zuvor „kann“) die Erwerbstätigkeit bereits nach drei Monaten erlaubt werden, es sei denn, konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung stehen bevor.
Für Geflüchtete, die sich in einer Ausbildung befinden, wurde zudem bei Erfüllung bestimmter Voraussetzung eine Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer geschaffen. Auch diese bietet Sicherheit und Perspektive für die Geflüchteten und die Betriebe.
Kein Arbeitsmarktzugang besteht für Asylbewerberinnen und Asylbewerber, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde und wo keine aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet wurde!