Frage an Claudia Dalbert von Michael L. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Claudia Dalbert,
Sie haben sich zur Landtagswahl in meinem Wahlbezirk in Halle an der Saale gestellt.
In Halle an der Saale spielt die Wissenschaft eine große Rolle.
In diesem Zusammenhang nehmen Sie bitte Stellung zum Betrug des ehemaligen Verteidigungsministers der BRD beim Verfassen seiner Dissertation.
Teilen Sie die, in weiten Teilen der Union verbreitete, Meinung, dass der Betrug und geistige Diebstahl eher als harmlos anzusehen ist und Popularität eines Politikers in bestimmten Schichten der Bevölkerung über den bürgerlichen Werten unseres Landes steht?
Finden Sie es, wie die deutsche Kanzlerin es bezeichnet, scheinheilig, wenn diese Werte verteidigt werden?
In Erwartung auf Ihre Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Wähler M. Lehmann
Sehr geehrter Herr Lehmann,
vielen Dank für Ihre Frage zum Rücktritt von Herrn zu Guttenberg.
Die in weiten Teilen der Union verbreitete Meinung teile ich ganz und gar nicht. Ich finde es sogar beschämend, wie verharmlosend Teile der Unionsspitzen auf die systematische Täuschung von Herrn zu Guttenberg reagiert haben.
Egal wie sehr es jemandem gelingt, durch sein Auftreten, seine Jugend, seine Herkunft oder Erziehung die Menschen zu beeindrucken. Hier darf einfach nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, denn das das Verhalten des ehemaligen Verteidigungsministers ist nichts anderes als ein Schlag ins Gesicht der fleißigen und wissenschaftlich engagierten Menschen an Universitäten, Kliniken und Instituten.
Der Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg war daher mehr als überfällig. Alles andere wäre ein verheerendes Signal an unsere Schülerinnen und Schüler und an unsere Studentinnen und Studenten gewesen.
Fehler können passieren und es zeugt von Größe, wenn man sie zugibt. Wenn man sich jedoch nur unter größtem Druck dazu durchringen kann, und dann auch nur Scheibchenweise, ist das keine Haltung, die zum Minister befähigt. Die zahlreichen aus der Wissenschaft erhobenen Plagiats- und Betrugsvorwürfe konnte oder wollte der Minister nicht entkräften. Stattdessen verweigerte er sich kritischen Fragen und inszenierte sich selbst als Opfer einer angeblichen Medienkampagne. Unredlich handelte aber auch die Bundeskanzlerin, die bis zuletzt ihren Verteidigungsminister gegen die erdrückenden Vorwürfe verteidigte. Ginge es nach dem Willen von Frau Merkel, wäre Herr zu Guttenberg noch im Amt! Dafür nahm sie auch in Kauf, dass die von der Union so oft gepriesenen bürgerlichen Werte wie Verantwortung, Ehrlichkeit und Anstand mit Füßen getreten werden.
Auch CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff nahm hier eine unrühmliche Rolle ein, als er noch einen Tag vor dem Rücktritt betonte, dass Herr zu Guttenberg ein guter Minister und ein Amtsverzicht daher völlig unnötig sei. Derart offensichtlicher, moralischer Opportunismus produziert Enttäuschung, Politikverdrossenheit und Wahlenthaltung. Der Union steht mit dem Fall Guttenberg eine Wertedebatte bevor und es hat sich gezeigt, dass sie diese bitter nötig hat. In einer Partei, in der innerhalb von 17 Monaten sieben Ministerpräsidenten, ein Bundespräsident, ein Bundesbankchef und zwei Minister ihren Hut nehmen, liegt einiges im Argen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Claudia Dalbert