Claas Merfort
CDU
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Frage von Jonas W. •

Frage an Claas Merfort von Jonas W. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Merfort,

mit dem Wahlprogramm der CDU für die Landtagswahlen in Nds. bin ich weitestgehend konform. Das Betreuungsgeld jedoch halte ich in der Form für unangebracht, weshalb sich auf bundespolitischer Ebene aus meiner Sicht dagegen starkgemacht werden sollte. Meine Frage:

Meinen Sie nicht, dass das Betreuungsgeld gerade in bildungsfernen und sozial schwachen Familien ein falschen Anreiz setzt? In diesen Verhältnissen ist die außerfamiliäre Förderung ein wichtiger Bestandteil die Wettbewerbsfähigkeit der sozial schlechter gestellten Kinder zu verbessern. Somit müsste ein gegenteiliger Anreiz gesetzt werden.

Zudem halte ich es für sehr zweifelhaft, dass berufstätige Mütter aus einkommensstärkeren Familien sich durch 150 Euro im Monat in Ihrer Entscheidung weder für noch gegen die Arbeit beeinflussen lassen.

Vielleicht ist es eine interessante Idee das Betreuungsgeld nicht ausschließlich an die Entscheidung für oder gegen einen Krippenplatz zu koppeln, sondern an die vorherige Berufstätigkeit der Eltern. Einer Hausfrau oder auch Personen, die staatliche Sozialleistungen beziehen entstehen durch die eigenständige Betreuung der Kinder keine Opportunitätskosten in Form von entgangenen Gehalt.

Frohe Weihnachten

J. Weiss

Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Weiss,

vielen Dank für Ihre Frage.

Wie Sie wissen, verursacht das Betreuungsgeld eine gesamtgesellschaftliche Diskussion, die auch innerhalb der Regierungskoalition auf Bundesebene und in der Union kontrovers geführt wurde bzw. immer noch wird. Gerade in der medialen Berichterstattung ging es dabei ideologisch sehr aufgeladen zu. Stellenweise hatte ich das Gefühl, dass es sich um eine Art Stellvertreterdiskussion um Familienbilder handelte und weniger um den konkreten Sachverhalt des Betreuungsgeldes ging. Umso mehr freut es mich, dass Sie sich mit der Thematik wirklich inhaltlich auseinandergesetzt haben. Auch ich habe dies lange getan. Gerne möchte ich Ihre Punkte aufgreifen und Ihnen meine Sicht darstellen:

-Die Mehrheit der Bevölkerung ist nicht bildungsfern oder sogenannten sozial schwachen Milieus zuzuordnen. So oder so gibt sich die Mehrheit der Eltern die allergrößte Mühe ihren Kindern eine liebevolle Erziehung und einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. In erster Linie denke ich an solche Menschen, wenn ich Politik mache. Das ist ein entscheidender Unterschied zwischen Sozialdemokraten und uns (Christdemokraten). Ich habe ein positives Menschenbild und traue den Eltern zu, zum Wohle ihrer Kinder zu entscheiden. Die „Lufthoheit“ über den Kinderbetten scheint für die Sozialdemokarten/Grüne erstrebenswert - ich überlasse sie gerne den Eltern.

An Ihrem Argument ist aber etwas dran. Die von Ihnen genannten möglichen falschen Anreize sehe ich nämlich auch (wenn auch im geringen Ausmaß). Gerade die Kinder aus sozial schwachen Familien benötigen die besondere Förderung durch die Gesellschaft. Deshalb setzt die Union auch auf frühkindliche Bildung im Kindergarten. In Niedersachsen haben wir deshalb zum Beispiel das dritte Kindergartenjahr durch das Land gebührenfrei gestellt. In Braunschweig trägt die Stadt die Gebühr für das erste und zweite Kindergartenjahr. Momentan wollen genau daran die Oppositionsparteien rütteln. Das Betreuungsgeld bezieht sich hingegen auf die Unterdreijährigen. Der „Bildungsvorsprung“ dieser Kinder wird meiner Ansicht nach früh genug verbessert.

-150 € sind natürlich vergleichsweise wenig für die Erziehungsleistung der Familie. Das Betreuungsgeld ist in den wenigsten Fällen dazu in der Lage das Gehalt vollständig zu ersetzten - das soll und kann es aber auch nicht leisten. In Verbindung mit dem Kindergeld (gerade, wenn man von einer Familie mit mehreren Kindern ausgeht) sind die staatlichen Leistungen aber dennoch ein wichtiger Beitrag.

Sie haben aber Recht. Ein pauschaler Betrag wird für einkommensstarke Haushalte immer einen geringeren Einfluss darstellen. Gleiches gilt z.B. für das Kindergeld oder auch umgekehrt für Pauschalen bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung.

Zu bedenken ist auch, dass Gelder, die für die Pflege von Angehörigen (zum Beispiel für die häusliche Betreuung der pflegebedürftigen Mutter) gezahlt werden auch niemand in Abrede stellt. Mit diesem Pflegegeld wird eine Anerkennung ausgesprochen - genau wie mit dem Betreuungsgeld.

-Ihr letzter Punkt wurde bereits bedacht. Ich gebe Ihnen auch hier Recht, denn wenn man bereits von staatlichen Transferleistungen, wie bspw. Hartz IV, lebt, dann macht die Zahlung wenig Sinn, da keiner Beschäftigung nachgegangen wird. Das Betreuungsgeld wird daher bereits heute mit derartigen Sozialleistungen verrechnet. Da das Betreuungsgeld nicht zu Transferleistungen dazugerechnet wird, ist es indirekt an die Berufstätigkeit gekoppelt.

Zusammenfassend befürworte ich das Betreuungsgeld aus vier Gründen:

-Es ist eine gesellschaftliche Anerkennung für die Erziehungsleistung der Eltern

-Es schafft Wahlfreiheit für die Eltern. Ich respektiere es genauso, wenn sich Eltern entscheiden ihre Kinder in staatliche Betreuungseinrichtungen zu geben, um einer Berufstätigkeit nachzugehen. Ich respektiere aber auch, wenn sie sich entscheiden ihre Kinder in den ersten Lebensjahren im Kreis der Familie zu betreuen. Das Betreuungsgeld ist letztlich das Ambivalent zum Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz.

-Es ist kein Allheilmittel gegen den Demografischen Wandel, aber es entlastet junge Familien finanziell und erleichtert die Familiengründung bzw. Kindererziehung.

-Das Betreuungsgeld ist Ausdruck des Staates, dass er die Mündigkeit seiner Bürger achtet. Ich finde es unverschämt, wenn Politiker von „Rabenmüttern“ oder dem „Heimchen am Herd“ sprechen. Ich maße mir nicht an, über den Lebensentwurf von Menschen zu richten. Wenn ich also den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz befürworte, dann lässt sich das nicht von der Einführung des Betreuungsgeldes trennen.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Anfrage zufriedenstellend beantworten.

Mit besten Grüßen

Ihr Claas Merfort