Wie und in welchem Zeitraum werden Sie sich für spürbare Entlastung für Eltern und insbesondere Mütter einsetzen? #elternfadeout
Guten Tag, wie und in welchem Zeitraum werden Sie sich für spürbare Entlastung für Eltern und insbesondere Mütter einsetzen? Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und viele Weitere, wie etwa Frau Prof. Jutta Allmendinger haben dargestellt, dass Mütter ganz besonders unter den Belastungen im Rahmen der Pandemie leiden. Strukturelle Fehlanreize und die mangelnde Gleichstellung von Frauen sind zugrunde liegende Missstände. Die Institute haben entsprechende Vorschläge unterbreitet, daneben gibt es Ideen für akute Entlastungsmöglichkeiten hier: https://mumandstillme.com/elternfadeout–die-grosse-erschopfung-der-mutter-und-was-dagegen-getan-werden-muss . Unter dem Hashtag #elternfadeout wollen wir Sie für dieses Problem dringend sensibilisieren. Wir erwarten, von Ihnen gehört zu werden und hoffen inständig auf schnellstmögliche Entlastung.
Mit freundlichen Grüßen, Anja S.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass Eltern und insbesondere Mütter eine spürbare Entlastung brauchen. Wir haben bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, die für Entlastung sorgen – und wir haben noch viel in dieser Richtung vor.
Als schnelle Maßnahmen mit Blick auf die Belastungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie haben wir zum Teil schon Maßnahmen beschlossen bzw. bringen sie rasch auf den Weg, z.B. eine Stärkung des Kurzarbeitergeldes, einen Sofortzuschlag, einen Heizkostenzuschlag für Haushalte, die Wohngeld beziehen, einen erleichterten Zugang zur Grundsicherung und ein Aufholpaket für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Gerade Eltern, gerade Mütter brauchen flexiblere Strukturen, um am Wirtschaftsleben teilzuhaben. Mit der Brückenteilzeit haben wir 2019 ein wichtiges Instrument eingeführt.
Wir stehen für eine Fortschreibung der großzügigeren Regeln bei den Kinderkrankheitstagen. Auch wenn die Infektionszahlen rückläufig sind, bleibt die Problematik für betroffene Eltern bestehen, wenn die Kinder in Isolation oder Quarantäne müssen. Wir streben deswegen an, dass diese Sonderregel noch einmal verlängert wird. Mit zusätzlichen Kinderkrankentagen und Kinderkrankengeld hilft die Bundesregierung Eltern und Alleinerziehenden, deren Kinder pandemiebedingt nicht oder nur eingeschränkt betreut werden oder zur Schule gehen können. Gesetzlich krankenversicherte Eltern können auch im Jahr 2022 je gesetzlich krankenversichertem Kind für 30 Arbeitstage (Alleinerziehende für 60 Arbeitstage) Kinderkrankengeld beantragen.
Familien hatten und haben besondere Lasten zu tragen. Deswegen haben wir sie gezielt mit einem Kinderbonus unterstützt: 300 Euro einmalig zur freien Verfügung für jedes Kind, ohne Anrechnung auf andere Sozialleistungen wie die Grundsicherung.
Strukturell wird die SPD-geführte Bundesregierung das bisherige Ehegattensplitting durch eine Familienbesteuerung ersetzen. Die Kombination aus den Steuerklassen III und V wird abgeschafft und in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführt werden. Die Änderung wird für mehr Gerechtigkeit sorgen und dient demnach der Gleichstellung von Frauen und Männern, weil sie die partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit mit Blick auf alle Familienformen stärkt.
Wir werden das Gute-Kita-Gesetz evaluieren und bis zum Ende der Wahlperiode bundesweite Standards festschreiben, um unter anderem einen besseren Betreuungsschlüssel und mehr Ganztagsangebote zu erreichen. Auch das wird Eltern entlasten.
Strukturell werden wir mit der Einführung einer Kindergrundsicherung Familien entlasten. Die Grundsicherung soll aus zwei Komponenten bestehen: Einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag, der für alle Kinder und Jugendlichen gleich hoch ist, und einem vom Elterneinkommen abhängigen Zusatzbeitrag. Mit der Kindergrundsicherung wollen wir auch Eltern entlasten, denen heute die Kenntnisse fehlen, wie sie an staatliche Unterstützung kommen. Wir wollen Familienleistungen bündeln und gut sowie unbürokratisch zugänglich machen.
Wir werden den Basis- und Höchstbetrag beim Elterngeld dynamisieren und die zwölf Partnermonate beim Basis-Elterngeld um einen Monat verlängern. Wir werden zudem einen Elterngeldanspruch für Pflegeeltern einführen und den Anspruch für Selbständige modernisieren.
Eine weitere Entlastung bringt die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Die Kombination der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen wird laut einer Studie des "Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung" (ZEW) dazu führen, dass mindestens 2,4 Millionen Menschen aus dem Armutsrisiko fallen – darunter 1,4 Millionen Kinder, was die Situation der Eltern ebenfalls erleichtert.
Für Entlastung in bestimmten Familienkonstellationen wird außerdem das neue Rechtsinstitut des kleinen Sorgerechts für soziale Eltern sorgen. Im Einvernehmen mit den rechtlichen Eltern kann das Sorgerecht dann auf bis zu zwei Erwachsene übertragen werden.
Im Fall der Trennung der Eltern wollen wir eine partnerschaftliche Betreuung fördern. Dazu wird es einerseits Änderungen im Sozial- und Steuerrecht geben, um die umgangs- und betreuungsbedingten Mehrbelastungen abzufedern. Auch im Unterhaltsrecht soll es Entlastungen für die Eltern geben unter gleichzeitiger Wahrung des Existenzminimums der Kinder, indem die Betreuungsanteile der Eltern vor und nach Trennung bzw. Scheidung mehr berücksichtigt werden.
Indem wir das Abstammungsrecht so reformieren, dass die Elternschaft geschlechtsneutral wird, entlasten wir bestimmte Elternkonstellationen ebenfalls. Auch bei unverheirateten Paaren wird die Anerkennung der Elternschaft unabhängig vom Geschlecht ermöglicht. Neben der klassischen Ehe führen wir die Verantwortungsgemeinschaft ein. Unabhängig vom Geschlecht und unabhängig davon, ob überhaupt eine Liebesbeziehung besteht, können sich zwei oder mehrere volljährige Personen zusammenschließen, um rechtlich verbindlich füreinander Verantwortung zu übernehmen.
Ein wichtiges Element bei der Entlastung von Eltern ist unserer Ansicht nach eine Stärkung der Kinderrechte.
Veraltete Rollenbilder und Strukturen stehen Frauen im Weg – im ländlichen Raum oft noch mehr als in der Großstadt. Und sie ignorieren auch die Vielfältigkeit moderner Familienkonstellationen. Dagegen werden wir viel unternehmen. Das verlangen auch Respekt, Gerechtigkeit und faire Chancen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christos Pantazis