Christopher Bodirsky
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Christopher Bodirsky zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thorben R. •

Frage an Christopher Bodirsky von Thorben R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Bodirsky,

ich kenne Sie nun schon von vielen Plakaten und findes es toll, hier mal direkt meine Fragen öffentlich loswerden zu können. Ich mische die Themen ein wenig und versuche mich auf das wichtigste zu beschränken:

1. Glauben Sie wirklich, daß Politiker Arbeitsplätze schaffen können? Seit Jahren werden Steuern gesenkt und der Kündigungsschutz gelockert und trotzdem haben wir jedes Jahr mehr Arbeitlose? Und wenn Sie glauben, daß Sie da was tun können, frage ich Sie: Was?

2. Wird es mit den Grünen endlich eine "echte Steuerreform" und/oder eine "echte Reform der Sozialversicherungssystem" geben oder planen Sie weiterhin Stückwerke wie bisher? Wie wollen Sie Ihren Koalitionspartner dazu bewegen Ihnen zuzuhören?

3. Was wollen Sie machen um das "Kinderkriegen" wieder zu fördern bzw. zu erleichtern und wie wollen Sie das finanzieren?

4. und letztens... Ich hasse Wahlkampf. All diese nervigen Plakate und sinnlosen Phrasen ohne Sinn und Verstand - das kostet sehr viel Geld. Meinen Sie nicht auch, daß Politiker auch ohne Wahlkampf bei den Bürgern bekannt sein müßten und das man mit dem Geld viel besseres anfangen kann?

Ich freue mich auf Ihre Antworten.
MfG
Thorben Rump

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rump,

auch ich hasse den üblichen Wahlkampf (um gleich mit Ihrer letzten Frage anzufangen). Das war auch ein Grund, zu kandidieren: Um zu versuchen, es besser zu machen! Plakate müssen irgendwie sein, um die Menschen auf einem aufmerksam zu machen. Ich habe versucht, die Menschen auf meine Webseite hinzuweisen (www.christopher-bodirsky.de). Dort will ich dann wirklich inhaltlich arbeiten und auf meine eigendlichen Veranstaltungen hinzuweisen, den "Wahlmenüs".

Wahlkampf wäre eigendlich die Zeit, um inhaltlich sich um die Zukunft unseres Landes zu unterhalten (wenn nicht jetzt, wann denn dann!). Das bedeutet aber nicht, sich gegenseitig mit dümmlichen Parolen "niederzumachen", sondern wir sollten diese Zeit nutzen, um uns ernsthaft über Deutschland zu unterhalten. Und da zu einem guten Gespräch ein gutes Essen gehört, habe ich entsprechene Veranstaltungen geplant. Dort gibt es dann Zeit und Raum, um auf die Fragen, die eigendlich uns Alle bewegen, Antworten zu finden.

Zu Ihren Wirtschaftsfragen:
Auf meiner Webseite finden Sie unter dem Punkt "Zukunftswerkstatt" ein Interview mit Götz Werner, dem Chef der Drogeriemarktkette "DM". Ich finde das ein sehr spannendes Interview, weil hier einmal komplett neue Wege aufgezeigt werden - und wir brauchen endlich NEUE Wege!

Aber konkret zu Ihren Fragen: Politik kann keine Arbeitsplätze schaffen, nur Rahmenbedingungen - aber die müssen passen! Seit 30 Jahren arbeiten alle Parteien an diesem Problem, und alles wurde nur schlimmer. Daher verbietet sich für jeden vernünftigen Menschen ein "weiter so". Mein Ansatz ist der: Wenn etwas 30 Jahre nicht funktioniert, dann stimmt eine Grundannahme nicht - nach meiner Meinung: Das Wachstum.
In einem geschlossenen System (wie die Erde) kann es kein unendliches Wachstum geben. Daher sind alle Maßnahmen, die nur Wachstum fördern wollen, zum scheitern verurteilt. Wir brauchen neue Ideen, und die beginnen damit, den Ist-Zustand anzuerkennen.

Es gilt also, in zwei Stufen vorzugehen: Zuerst muss (ähnlich den "Sofortmaßnahmen am Unfallort") dafür gesorgt werden, dass die Verteilung des Geldes sich ändert. Also mehr Geld für Arbeiter, Angestellte, Familien, Sozialhilfeempfänger, mehr Steuern für Großindustrie (würde die Großindustrie genauso viele Steuern zahlen wie in der Schweiz, hätten wir 30 Milliarden mehr Einnahmen). Weiterhin gilt es Steuerbetrug ernsthaft zu verfolgen (20 Milliarden Verlust jährlich bei der Mehwertsteuer!).
Alle Maßnahmen würden die Mail sprengen - daher muß es leider bei diesen plakativen Schlagwörtern bleiben.
Gleichzeitig müssen wir uns aber überlegen, wie wir unsere Gesellschaft zukunftsfest umbauen! Denn eines ist klar: Wer verspricht, 5 Mill. Arbeitslose in Arbeit zu bringen, der lügt, oder hat "Wirtschaft" nicht verstanden. Es kann nicht sein, dass die einen wegen Überlast am Herzinfarkt sterben, die anderen aus Verzweiflung wegen Arbeitslosigkeit durch Selbstmord. Wir müssen unsere gesellschaftlichen Ziele neu definieren (haben wir als Gesellschaft eigendlich noch so etwas wie ein Ziel?)

Auch hier sehen Sie, dass es keine kurzen, einfachen Antworten geben kann. Daher meine Aktionsreihe "Wahlmenü", wo in angenehmer Atmosphäre genau die Zeit sein soll, sich darüber auszutauschen!

Auch das mit dem "Kinderkriegen" hängt mit allen diesen Fragen zusammen. Wir geben sehr viel Geld für Kinder aus - nur nicht sehr effektiv. Dringend benötigt würden kostenlose Kinderbetreuungsplätze - wo es diese gibt, gibt es auch wieder Kinder! Das Geld dafür ist da, wenn wir es nur endlich zielgerichtet einsetzen würden (oder macht ein Kindergeld bis zum 27 Lebensjahr wirklich Sinn?).

Ich hoffe, meine Antworten helfen Ihnen, ansonsten fragen Sie gerne nach - oder vielleicht besuchen Sie ja eine meiner "Wahlmenüs".

Mit freundlichen Grüßen,
Christopher Bodirsky