Frage an Christopher Bodirsky von Julian S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Bodirsky!
Bei dieser Wahl faellt mir die Entscheidung besonders schwer.
Ein Grund dafür ist, dass einige Fragen, die ich für wichtig halte, nicht in
der Öffentlichkeit von den Parteien diskutiert werden.
Es wäre toll, wenn Sie mir Ihre Position und die der Grünen zu folgender
Frage darlegen könnten:
Wenn schon ueber die Veraenderung von Rahmenbedingungen zur Schaffung von
Arbeitsplaetzen diskutiert wird, und insbesondere auch eine Reduzierung der
Lohnnebenkosten gefordert wird, warum werden dann lediglich viele
Umverteilungen in diesem Bereich vorgenommen, anstatt das Problem bei der
Wurzel zu packen?
Wenn der einzelne Arbeitsplatz viele Sozialversicherungsabgaben mit sich bringt,
und somit die Schaffung von Arbeitsplaetzen verhindert wird, waere es doch
logisch, eben diese Sozialabgaben von dem Arbeitsplatz selbst zu
entkoppeln.
Das heisst nicht, dass weniger Sozialabgaben geleistet werden muessen.
Und auch nicht, dass eine Umverteilung der Sozialabgaben zu Lasten des
kleinen Arbeitnehmers stattfinden muss.
Aber dass das Schaffen neuer Arbeitsplaetze zumindest nicht mehr an den
Sozialabgaben scheitern kann.
Ein solches Szenario wurde bereits vor anderthalb Jahren im Spiegel
veroeffentlicht, basierend auf einem vom Spiegel in Auftrag gegebenen
Gutachten des DIW Berlin.
Aus der Politik ist mir bislang nicht bekannt, dass irgendein Politiker
Ueberlegungen angestellt hat, das Problem der Lohnnebenkosten an der Wurzel
zu packen.
Das Gutachten des DIW Berlin findet man auch im Netz:
http://www.spiegel.de/media/0,4906,3034,00.pdf
Vielleicht erhalte ich von Ihnen ja eine Antwort auf diese Frage, die mich
schon lange beschäftigt.
Vielen Dank im Voraus fuer Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
Julian Schmidt
Hallo Frau Schmidt,
Sie rennen mit Ihrer Frage bei mir offene Türen ein. Wer heute mit dem Rezepten der Vergangenheit kommt soll erst einmal erklären, warum heute etwas gehen soll, was schon bisher nicht funktioniert hat (die Kohlregierung hat bereits dreimal die Mehrwertsteuer erhöht. Ergebnis: Verdoppelung der Arbeitslosen, Staatsschulden verfünffacht!). Wenn Sie vielleicht auf meine Webseite schauen mögen (www.christopher-bodirsky.de), finden Sie ein Interview mit Götz Werner, dem Chef der Drogeriemarktkette "DM". Er macht dort -wie ich finde- sehr spannende, visionäre Vorschläge. Also nichts für die Zeit direkt ab dem 19.9., aber wenn wir vor allem die sozialen Probleme der Arbeitslosigkeit wirklich fundiert angehen wollen, kommen wir mit kosmetischen Änderungen nicht weiter. Hier müssen wirklich neue Ideen her, sonst fahren wir unsere Gesellschaft gegen die Wand.
Wir Grüne haben Vorschläge, wie zunächst die Fehlentwicklung korrigiert werden kann. Jeder muß sich an den Kosten für unseren Staat gemäß seiner Leistungsfähigkeit beteiligen, Geringverdiener müssen entlastet werden.
In den wirtschaftlich glorifizierten 50- und 60-er Jahren waren Lohn-, Einkommen- und Körperschaftssteuer zu je ca. 30 Prozent an den Einnahmen des Staates beteiligt. heute trägt die Lohnsteuer 79%, die Einkommensteuer 7% und die Körperschaftsteuer 13% zum Staatshaushalt bei. Ich denke, mehr muß man dazu nicht sagen.
Neben diesen "Sofort-Maßnahmen" müssen wir aber dringend uns mit Visionen beschäftigen, wie wir unsere Gesellschaft weiterentwickeln können, welche Ziele wir überhaupt verfolgen wollen. Und dazu sind gerade so verrückt erscheinende Ideen wie die von Herrn Werner dringend nötig.
Auf meiner Webseite finden Sie auch Hinweise zu meinen Wahlmenüs, wo es (unter Anderem) auch um diese Themen geht. Vielleicht finden Sie ja die Lust und die Zeit, zu einem dieser Termine zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Christopher Bodirsky