Frage an Christina Fritsch von Detlev B. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Fritsch,
wie stellen Sie sich die weitere Kulturförderung insbesondere auch in Dresden vor (Sächsische Staatsoper Dresden mit Staatsopernchor und Staatskapelle, Dresdner Kreuzchor, Landesbühnen Sachsen, Staatsoperette, Dresdner Philharmonie)? Die angespannte Finanzlage einerseits und die - freundlich ausgedrückt - publikumsabschreckenden eigenwilligen Inszenierungen der Semperoper stellen für mich (als ehemaliges Mitglied der Oper) einen nicht unerheblichen Widerspruch dar!
Insbesondere interessiere ich mich auch für die Fortführung der Förderung des Kreuzchores (als ehemaliges Mitglied des Kreuzchores und Mitglied im Förderverein).
Wie wollen Sie diese sächsischen Interessen in der Bundespolitik einbringen?
Mit freundlichen Grüßen!
Detlev Burghardt
Sehr geehrter Herr Burghardt,
die Frage, die Sie an mich gerichtet haben, enthält aus meiner Sicht nicht nur die „einfache“ Frage nach der Finanzierung der Hochkultur in Dresden. Über diese Frage hinaus enthält Ihre E-Mail noch weitere Botschaften. Ich will versuchen, in meiner Antwort auch auf diese Botschaften einzugehen. Zwischen Ihnen und mir besteht Konsens darüber, dass die über die Jahrhunderte gewachsene Hochkultur Dresdens ein unverzichtbarer Teil der Identität dieser Stadt ist. Bei aller Wertschätzung der von Ihnen genannten Einrichtungen kann dies natürlich nicht die Geringschätzung aller anderen kulturellen Institutionen und Projekte „unterhalb“ der Hochkultur bedeuten. Ich bin sicher, dass Sie dem zustimmen.
Hinsichtlich der Finanzierung der namentlich aufgeführten Einrichtungen gilt selbstverständlich, dass man nicht über das Ob, sondern nur über das Wie diskutieren kann. Mit anderen Worten, es ist zu klären, welchen Anteil an der Finanzierung jeweils die Stadt, das Land und ggf. der Bund übernehmen. Welche Finanzierungsmöglichkeiten für die Kultur insgesamt zwischen Landeshauptstadt und Freistaat gefunden werden, bedarf der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den genannten Akteuren. Über die Politik hinaus sind aber auch engagierte Personen wie Sie gefragt. Wegen des Föderalismus in Deutschland ist der Bund vorerst nicht in der Verantwortung, auch wenn wir dies wünschen. Unbeschadet dessen unterstütze ich die Idee eines Bundesministeriums für Kunst und Kultur.
Ich glaube Ihnen auf’s Wort, dass Sie persönlich manche Inszenierungen der Semperoper für publikumsabschreckend und eigenwillig halten. Kein Politiker und keine Politikerin, selbst wenn er oder sie etwas von der Sache verstünde, darf aber Einfluss auf die künstlerische Freiheit, auf Form und Inhalt von Inszenierungen nehmen. Politik kann und darf nicht bestimmen, was Kunst zu tun und zu lassen hat. Insoweit bin ich sowohl verstandesmäßig als auch mental den Idealen des Herbstes 1989 verbunden.
Zum Schluss möchte ich auf einen kleinen strukturellen Unterschied hinweisen. Ich kandidiere im Wahlkreis 159. Dieser Wahlkreis umfasst die Landkreise Sächsische Schweiz und Weißeritzkreis. In diesen Landkreisen des Dresdner Umlandes gibt es - wie Sie wissen - zahlreiche Freunde von Semperoper, Staatsschauspiel, Staatsoperette und Kreuzchor. Zu diesen Freunden gehören auch mein Mann und ich. Trotzdem drücken uns noch ganz andere Sorgen. Ich verweise nur auf die großen finanziellen Probleme der Elblandphilharmonie. Die Bürger des Wahlkreises erwarten zu Recht, dass der oder die von ihnen gewählte Abgeordnete sich für ihre Belange im eigenen Wahlkreis einsetzt, auch und gerade auf dem Gebiet der Kultur.
Trotz aller Einbindung in die „große“ Politik hat jeder und jede Angeordnete auch die Stimme seiner Region im Parlament zu sein. Das dies nicht immer leicht ist, steht außer Frage. Falls ich in den Bundestag gewählt werde, wird mein privates Umfeld dafür sorgen, dass ich nicht die Bodenhaftung und die Nähe zur Bevölkerung in meinem Wahlkreis und darüber hinaus verlieren werde.
Mit freundlichen Grüßen,
Christina Fritsch