Wie stehen sie zur Inklusion von Körper und Geistigbehinderten Kindern an Schulen und Kindergärten?
Sehr geehrter Herr H.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Inklusion ist ein wichtiges Thema, das wie alle gesellschaftlichen Fragen einer differenzierten Betrachtung bedarf.
Deutschlands Gesellschaft stellt sich in der Welt als eine Leistungsgesellschaft dar, deren bisheriger Erfolg auf dem „Erfindergeist“ und der Motivation gut ausgebildeter Menschen beruht, für die Arbeits- und Erfolgswillen keine Fremdworte sind und auf deren Basis sich unser Wohlstand entwickelte. Ein hoher Lebensstandard fällt nicht vom Himmel, sondern muss erarbeitet werden.
Die Basis, nach Höherem zu streben, wird bereits in frühester Kindheit und Jugend gelegt. Dabei haben sich die Anforderungen an Kinder und Jugendliche in den vergangenen Jahren stark verändert und auch reduziert. Aufgaben, die noch vor 10 Jahren von den Schülern problemlos gelöst wurden, bereiten inzwischen größte bis nicht mehr zu bewältigende Schwierigkeiten, so berichtete es mir ein Berufsschullehrer.
Es muss leider festgestellt werden, dass die Leistungsbereitschaft und das Leistungsvermögen, wie es PISA-Studien eindrücklich zeigen, in Deutschland stark zurück gegangen sind.
Unbestritten ist, dass jeder Mensch das gleiche Recht auf Bildung und Förderung in Deutschland haben soll. Das kann und darf aber nicht zu Lasten derer gehen, die leistungsstark sind. Lernprogramme, die sich am schwächsten Teilnehmer orientieren, behindern die Entwicklung dieser Schüler, benachteiligen sie dadurch und schwächen somit die gesamte Gesellschaft.
Der vermeintliche Vorteil für eine Gruppe generiert sich damit zum Nachteil der anderen. Das ist nicht nur ungerecht, es widerspricht auch dem Gleichheitsgrundsatz der gleichen Chancen für jeden.
Inklusion meint grundsätzlich, dass jeder Mensch überall dabei sein kann, egal ob eingeschränkt oder nicht.
Für mich ist das der falsche Ansatz. Entscheidend sollte sein, dass jeder Einzelne die für ihn bestmögliche Förderung und Unterstützung erhält, um später ein weitgehend eigenständiges Leben führen zu können.
Das können gerade im schulischen Bereich vor allem Förderschulen erreichen, die auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Einschränkungen eingestellt sind.
Die jungen Menschen können sich dort adäquat entwickeln und für eine starke Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben qualifizieren – so, wie es auch die UN-Konvention fordert. Ihnen diese Chancen durch eine ideologiemotivierte Inklusionspolitik zu verwehren, halten wir für inhuman.
Auch in der ehemaligen DDR gab es spezielle Förderschulen für Menschen mit Einschränkungen, um eine bestmögliche Ausbildung im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu gewährleisten.
Zur Bildung gehören allerdings auch Charakterstärkung und Vermittlung von sozialen Kompetenzen wie Hilfsbereitschaft oder Mitgefühl.
Ich könnte mir deshalb sehr gut vorstellen, dass man einen Tag im Monat gemeinsam verbringt, an dem sich die Schüler der Regelschulen jeweils um einen Schüler aus der Sonderschule kümmern und mit ihm gemeinsam lernen. Davon würden sicherlich beide in besonderem Maße profitieren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christina Baum, MdB