Sehr geehrte Frau Böhm, wie ist Ihre persönliche Meinung bezüglich gendergerechte Sprache?
Sehr geehrte Frau Böhm,
meine Frage an Sie bezieht sich auf ein äußerst aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema, nämlich die gendergerechte Sprache.
Wie ist Ihre persönliche Meinung (unabhängig von Ihrer Partei) hinsichtlich dieser Angelegenheit?Befürworter argumentieren, dass es ein wichtiger Schritt für die Gleichberechtigung der Geschlechter sei, vor allem aber auch für diejenigen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen zuordnen können oder wollen. Teilen Sie auch diese Meinung oder halten Sie die gendergerechte Sprache für ein weniger relevantes Thema oder sogar für einen irrtümlicher Versuch der Geschlechtergleichheit?
Über eine schnelle und ausführliche Antwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine K.
Sehr geehrte Frau K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich würde sie gerne mit dem Hinweis auf meine Rede im Hessischen Landtag vom 17.06.21 beantworten. Diese können Sie hier nachlesen und nachhören: https://www.linksfraktion-hessen.de/parlament/reden/detail-reden/news/christiane-boehm-ueber-das-gendern/
Ich sehe in diesem Land und in der deutschen Sprache die Notwendigkeit zu gendern und nutze das Gendersternchen, um die unterschiedlichen Geschlechter sichtbar zu machen. Wie ich es in der Landtagsdebatte der Rechtsaußenpartei ins Stammbuch geschrieben habe, aber auch anderen wie der CDU, die sich mit dem Gendern schwer tun, sollten wir bewusster mit der Sprache umgehen. Allen muss klar sein, wer mit einer Aussage gemeint ist. Ein Mitgemeintsein funktioniert nicht. Das führt deutlich zu Ausgrenzung und Diskriminierung.
Dabei geht es mir nicht darum das Gendern allen Menschen zu verordnen. Die Hessische Landesregierung ist durch das Hessische Gleichberechtigungsgesetz allerdings dazu verpflichtet und sollte dies ohne zu Zögern umsetzen.
Geschlechterbewusste Sprache funktioniert. Es gibt Untersuchungen dazu, dass Frauen* sich bei Bewerbungen, in der Politik, im Sport und anderen Bereichen eher angesprochen fühlen, wenn die weibliche Form gewählt wird. Sprache löst bei uns allen Assoziationen aus. Gendergerechte Sprache macht die Vielfalt unserer Gesellschaft sichtbar und hörbar. Das generische Maskulinum dagegen grenzt die Mehrheit der Bevölkerung aus, nämlich alle Frauen und alle Menschen, die sich nicht dem starren binären Geschlechtsbild unterordnen wollen oder können. Das ist ein Herrschaftsinstrument des Patriarchats und Ausdruck der Machtverhältnisse.
Deshalb reicht es mir überhaupt nicht die Sprache zu ändern. Geschlechtergerechte Sprache kann das Bewusstsein für Ungerechtigkeiten erhöhen. Sie löst aber nicht die Diskriminierung und Missachtung auf. Sie reduziert auch keine sexualisierte Gewalt. Frauen sind ökonomisch und machtpolitisch benachteiligt. Ich kann nicht akzeptieren, dass das Equal Pay Gap, das Equal Pension Gap und das Equal Care Gap nur sehr langsame Veränderungen zu Gunsten der Frauen* erfahren und es auch - gerade in der Corona-Pandemie zu Rückschlägen bei der Gleichstellung der Geschlechter kommt.
Wir arbeiten als LINKE weiter an dem Ziel Frauen, trans- und intergeschlechtliche Menschen und auch Männer aus stereotypen Rollenbildern und Klischees zu befreien. Wie sagt die Bildungsinitiative Pinkstinks: „Die Zeiten gendern sich“.
Herzliche Grüße
Christiane Böhm