Frage an Christian Schmidt von Ottmar M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Herr Schmidt,
die NATO präsentiert sich als sogenanntes Wertebündnis. Für welche Werte, Herr Schmidt, steht die NATO denn überhaupt? Der neue Oberbefehlshaber Braddock war Kommandant des Folterlagers Guantanamo, in dem willkürlich wegen angeblichen Terrorverdachts Festgenommene jahrelang ohne Anklage festgehalten wurden. Ohne Zweifel wurden zahlreiche Gefangene unter unwürdigen Bedingungen eingesperrt, gefoltert und mißhandelt. Menschenrechtsorganisationen fordern genau deshalb eine Untersuchung der Rolle Braddocks. Der neue Generalsekretär Rassmussen steht für die Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen Krieg (Irak). Der bisherige Generalsekretär de Hoop Schäffer forderte eine aktive Rolle der NATO im Kaukasus, um dort den Einfluss der NATO bei der Energieversorgung des Westens zu stärken. Bewusst wird damit ein Konflikt mit Russland provoziert. Der Beitrittskandidat Georgien wird von einem Präsidenten regiert, der 2008 einen bewaffneten Angriff auf Südossetien begonnen hat, was jetzt selbst durch eine EU-Kommission bestätigt wurde. 1999 wurde unter Missachtung der UN-Charta Jugoslawien angegriffen, angeblich der Menschenrechte wegen, während zwei der wichtigsten NATO-Staaten (USA, Deutschland) die schweren Menschenrechtsverletzungen und Gewalttaten Israels gegen die palästinensische Zivilbevölkerung nicht nur politisch, sondern auch durch umfangreiche militärische Hilfe unterstützen.
Die Teilnehmer der NATO-Tagung verschanzten sich hinter einigen zehntausend Polizisten, zahlreiche Journalisten wurden nicht zugelassen. Ist das ein Aushängeschild für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte? Also, für welche Werte steht denn die NATO?
Hochachtungsvoll
O. Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
Ihre Stellungnahme ist eine Mischung aus Fragen und polemischer Bewertung von teils falsch unterstellten Fakten. Auch Ihr „Herumwirbeln“ mit Halbwahrheiten und kruden Unterstellungen veranlasst mich, Sie auf die allgemeinen Informationsquellen zu verweisen, da ich nicht den Eindruck habe, dass Ihnen an einem direkten sachlichen Informationsaustausch gelegen ist.
Wesentliches der NATO ist es, basierend auf den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen, die Freiheit und Sicherheit aller ihrer Mitglieder zu gewährleisten und zum friedlichen Zusammenleben aller Völker beizutragen. Dabei wirkt das Bündnis seit seiner Gründung für die Schaffung einer gerechteren und dauerhaften Friedensordnung in Europa, die sich auf die gemeinsamen Werte Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit stützt. Darin hat sich für die NATO auch im sechzigsten Jahr ihres Bestehens nichts geändert, wie es die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsstaaten beim zurückliegenden Jubiläumsgipfel von Straßburg und Kehl Anfang des Monats durch die Annahme der „Erklärung zur Sicherheit der Allianz“ erneut bekräftigt haben. Mit Ende des Kalten Krieges hatte dieses Hauptziel neue Bedeutung erlangt, denn erstmals in der Nachkriegsgeschichte Europas war seine Erreichung in greifbare Nähe gerückt. Mit dem Zerfall der Sowjetunion und der Auflösung des Warschauer Pakts boten sich neue Möglichkeiten zum Dialog und zur Kooperation, gerade mit ost- und südost-europäischen Staaten. In mittlerweile drei Runden der Erweiterung sind in den letzten zehn Jahren zwölf Staaten dieser Region der NATO beigetreten, anlässlich des jüngsten Jubiläumsgipfels Albanien und Kroatien, und helfen nun ihrerseits dabei, Sicherheit und Stabilität unter Wahrung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit im und für den euro-atlantischen Raum zu gewährleisten. Dies und das Bestreben weiterer Demokratien, gleichfalls Mitglied der Allianz zu werden, wie beispielsweise Montenegro, zeigen, dass die NATO auch sechzig Jahre nach ihrer Gründung nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt zu haben scheint.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB
Parlamentarischer Staatssekretär