Frage an Christian Schmidt von Frank K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Schmidt.
Leider muss ich nochmal das Thema "Vorratsdatenspeicherung" ansprechen. Aus Ihrer Antwort vom August 2007 kann man ersehen, das Sie wohl auf der gleichen Welle reiten, wie Ihr Kollege Schäuble und meinen, das man im Internet und auf Rechner alles protokollieren sollte.
Und nun aus aktuellem Anlaß:
"Der Entwurf eines "Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes" vom 14.01.2009 soll jedem Anbieter von Internetdiensten wie Google, Amazon oder StudiVZ das Recht geben, das Lese-, Schreib- und Suchverhalten seiner Besucher ohne Anlass aufzuzeichnen – vorgeblich zum "Erkennen" von "Störungen". Mit Hilfe der über alle Internetnutzer gespeicherten Daten würden Rückschlüsse auf unsere persönlichen Interessen, Lebenssituation und Schwächen möglich. Die Surfprotokolle sollen ohne richterliche Anordnung an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden dürfen."
Wenn ich das richtig verstehe, soll nun der Bürger weiter verfolgt werden. Ohne speziellen Verdacht und unabhängig davon, das ein Aufwand/Nutzen Verhältnis eher lächerlich schlecht ausfällt, soll da weiter an einem Überwachungsstaat gearbeitet werden, was Orwell die schamesröte ins Gesicht treibt und einen Mielke neidisch werden lässt.
Wie stehen Sie zu dem Gesetz ??
Um meine Meinung mal vorsichtig auszudrücken:
Politiker die sowas unterstützen (die Lanzenspitze stellen ja wohl Schäuble und Schily dar), begeben sich auf sehr dünnes Eis und stellen sich mir als "Verfassungsfeinde" dar, sofern wir eine Verfassung hätten. Leider haben wir ja nur ein Grundgesetz, welches aber immer mehr mit Füßen getreten wird.
Die größer werdenden Probleme sieht man übrigens auch im Vorreiterland England. Ich werde wohl auswandern. Vielleicht Schweiz, wo es noch eine echte Demokratie gibt.
Trotzdem bitte ich um eine ehrliche Antwort und Begründung.
Sehr geehrter Herr Krupinski,
vielen Dank für Ihre Zuschrift zum Gesetzentwurf zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes. Ich habe für Ihre Sorge Verständnis und kann sie ausräumen.
Nach Ihrer Darstellung würde dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung Anbietern von Internetdiensten ermöglichen, das Internet-Surfverhalten ihrer Nutzer ohne Anlass aufzuzeichnen oder entsprechende Daten verdachtslos zu speichern. Diese Darstellung beruht jedoch auf einer unzutreffenden Interpretation des Gesetzentwurfs, die sich auf einer Reihe von Internetseiten wiederfindet.
Die vorgesehenen Neuregelungen im Entwurf des Telemediengesetzes sollen die bestehende Rechtsunklarheit beseitigen, die sich gegenwärtig aus der Abgrenzung der Regelungen des Telemediengesetzes sowie des Telekommunikationsgesetzes ergibt.
Zukünftig sollen Diensteanbieter Nutzungsdaten (so genannte Protokolldaten oder Logfiles) erheben und verwenden können, soweit dies zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen ihrer technischen Einrichtungen erforderlich ist. Diese resultieren insbesondere aus Hacker-Angriffen auf die Einrichtungen des Diensteanbieters. Nach § 100 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz war dies zwar schon bisher möglich, jedoch nur dann, wenn es sich bei der für das Internetangebot verwendeten Technik zugleich um Dienstleistungen im Sinne des Telekommunikationsgesetzes handelte. Deshalb soll nun im Telemediengesetz eine inhaltsgleiche Regelung aufgenommen werden.
Nach beiden Bestimmungen dürfen aber ausschließlich Daten erhoben und verwendet werden, die ein Anbieter tatsächlich benötigt, um Hackerangriffe auf seine Internetseite zu erkennen und abzuwehren. Eine unbegrenzte oder - wie von Ihnen dargestellt - gar verdachtslose Speicherung sowie eine Speicherung zu anderen Zwecken, etwa zur Verfolgung von Urheberrechtsverstößen oder zur Erstellung irgendwelcher „Surfprofile“, ist auf der Basis der vorgesehenen Regelung nicht zulässig und wäre illegal. Auch werden im Telemediengesetz keine neuen Befugnisse für die Polizei-, Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden geschaffen. Wer Anderes behauptet - wie dies zuletzt insbesondere in einigen Darstellungen im Internet erfolgt ist - betreibt eine unverantwortliche Panikmache, die mit der Realität nichts zu tun hat. Dennoch werde ich Ihren Hinweisen nachgehen.
Gerne will ich Sie aber ermutigen, die demokratischen Strukturen unseres Landes und die Umsetzung in die Verfassungswirklichkeit besser zu bewerten. In unserem Land wird der Datenschutz hoch bewertet – anders als in den USA oder auch in Großbritannien. Während wir einen hoch strittigen langwierigen Entscheidungsprozeß etwa zur sog. „Onlinedurchsuchung“ haben, werden wir dank Hinweisen vor terroristischen Aktivitäten geschützt. Gerne bin ich auf Wunsch zu einem Gespräch bereit!
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB