Frage an Christian Schmidt von Heike E. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)
Als gebürtige Fränkin lebe ich nun seit sieben Jahren in Berlin - erst Ost, nun West. Die Äußerungen Ihres Parteichefs über über "Frustrierte" und "Kälber" in Ostdeutschland, betreffen somit auch mich. Wenn ich ab und zu nach Bayern fahre, habe ich den Eindruck, dass man dort so abgeschlossen vom Rest der Welt lebt in einer Art Gartenzwergidylle, dass ich Zweifel bekomme, dass man als Bayer noch eine realitätsgetreue Sicht der Welt hat. Daher auch diese Äußerungen von dem dortigen Ministerpräsidenten. Genauso legitim ist aber die Frage, ob Deutschland es sich weiter gefallen lassen sollte, dass die offensichtlich unter Arroganz leidenden Einwohner Südwestdeutschlands weiterhin eine eigene Partei wählen dürfen, die dann versucht, auf Bundesebene Regionalpolitik für Bayern zu machen. Daher frage ich Sie: Steht die CSU überhaupt für deutsche Politik oder nicht eher für den Versuch, Regionalpolitik für Bayern auf Kosten aller anderen Deutschen durchzusetzen? Was tun Sie als Bundestagsabgeordneter für Gesamtdeutschland?
Sehr geehrte Frau Engelhardt,
Ihre kritischen Anmerkungen zur CSU sowie zu den Äußerungen des CSU- Parteivorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber habe ich mit Interesse gelesen. Gerne teile ich Ihnen meine Einschätzung
mit.
Die Welle der Empörung, die der bayerische Ministerpräsident mit seinen auf Oskar Lafontaine sowie Gregor Gysi bezogenen Äußerungen hervorgerufen hat, kann ich nicht recht nachvollziehen. Soweit Mitbürgerinnen und Mitbürger diese „persönlich“ empfunden haben, sei ihnen gesagt, dass diese Äußerungen nicht so verstanden werden sollen und ich dies bedauere. Ich finde es richtig, dass Edmund Stoiber auf die Probleme im Osten aufmerksam gemacht hat und feststellt, dass die Linkspartei, vertreten durch Lafontaine und Gysi, nicht die Partei ist, die die Probleme in Deutschland wird lösen können. Gysi und Lafontaine sind billige Populisten, auf die niemand hereinfallen sollte. Deutschland ist nur als Ganzes erfolgreich. Wir, CDU und CSU, bieten mit unserem Wahlprogramm dagegen Erfolg versprechende Wege an, wie wir Deutschland wieder nach vorne bringen.
Darüber hinaus lassen Sie mich zu Ihren Vorwürfen, die CSU sehe nicht das Wohl ganz Deutschlands, sondern würde sich nur für Bayern einsetzen und somit reine Regionalpolitik betreiben, folgendes sagen:
Natürlich hat die CSU, als allein in Bayern ansässige (Schwester-) Partei (der CDU) ein anderes Selbstverständnis als die CDU. Als CSU-Bundestagsabgeordneter setze ich mich für die Gesamtfraktion ein, nicht nur in meiner Funktion als verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Somit schaut jeder von uns aus Bayern stammende christlich-soziale Abgeordneter in Berlin über die Grenzen des Freistaats hinaus auf und in die Verhältnisse im ganzen Land. Im Ernst: Ich bin Bundespolitiker. Aber natürlich vor dem Hintergrund meiner CSU-Mitgliedschaft mit Bayern stark verbunden. Nennen Sie mir eine größere Frage, bei der Bayern nicht zum Bund solidarisch gestanden hat, wenn es nötig war. Sie werden keine finden.
Dennoch: Es gibt durchaus auch Situationen, in denen Interessen des Bundes (und der Bundestagsabgeordneten) nicht mit denen der Länder übereinstimmen. Wir scheuen diese Konflikte nicht, stimmen dann auch schon mal gegen die Interessen der Bayerischen Staatsregierung. All diese politischen Entscheidungen sind im Einzelfall zu bewerten und können nicht für allgemein gültige Aussagen herangezogen werden. Ihre pauschalierten Vorwürfe bedauere ich sehr.
Im Gegensatz zu Lafontaine haben Bayern und die CSU nicht „regional“ gedacht, als es um die Deutsche Einheit ging und alle verfügbareren Möglichkeiten (auch finanziell) genutzt, um den neuen Bundesländern zu helfen. Franz-Josef Strauß hat gesagt: Notfalls sind die Bayern die letzten Preußen. – So handeln wir.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Christian Schmidt MdB