Frage an Christian Schmidt von Jörg O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Moin sehr geehrter Herr Schmidt,
Firmen können die Ausgaben für Lobbyisten als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen. Ich als Bürger spende Geld für Organisationen wie Compact oder Abgeordnetenwatch etc. damit sie meine Intressen wahren bzw. in meinem Auftrag z.B. Sie kontrollieren. Nun wird von der Finanzbehörde die Gemeinnützigkeit angezweifelt und damit dann mir im Endeffekt die Möglichkeit genommen, meine Aufwendungen von der Steuer abzusetzen.
Wie stehen Sie zu diesem Thema? Wie setzen sie sich dafür ein, dass Politik transparent gemacht wird? Wie setzen Sie sich dafür ein, das Bürger die gleiche Möglichkeit der Politikbeeinflussung haben wie Firmen? Wie wollen Sie dafür sorgen, dass das vorhandene starke finanzielle Ungleichgewicht in diesem Bereich korrigiert wird?
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Oehlschläger
Sehr geehrter Herr Oehlschläger,
die Antwort auf die Mehrzahl Ihrer Fragen ergibt sich aus der nunmehr vereinbarten gesetzlichen Regelung eines Lobbyregisters, in dem alle Verbände oder Lobbyisten transparent und nachvollziehbar aufgelistet werden. Dies gibt auch die Grundlage für Umgang mit Kontakten.
Zu Ihren Fragen zur Gemeinnützigkeit und politisches Engagement kann ich folgendes mitteilen:
Für mich persönlich ist es wichtig, dass das gemeinnützige Engagement von Vereinen nicht unnötig eingeschränkt wird. Wir haben die Diskussion der Zivilgesellschaft in den vergangenen Jahren hierzu aufgegriffen und darauf reagiert. Zu Beginn des Jahres haben wir im Deutschen Bundestag das Jahressteuergesetz 2020 verabschiedet, das viele Verbesserungen für das Ehrenamt und zur Gemeinnützigkeit erreicht hat. Bei der Frage der politischen Betätigung von Vereinen gilt es jedoch bei der Intensität und dem Umfang der politischen Betätigung zu unterscheiden zwischen
* Vereinen, die sich im Schwerpunkt politisch betätigen und
* Vereinen, die sich im Rahmen ihres Satzungszwecks nur untergeordnet politisch betätigen.
Zum Thema schwerpunktmäßige politische Betätigung von Vereinen kann ich Ihnen mitteilen, dass gemeinnützige Körperschaften sich schon heute (in einem begrenzten Umfang) politisch betätigen dürfen. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung sieht dies vor, wenn nach den Verhältnissen im Einzelfall die gemeinnützige Tätigkeit zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks weit in den Hintergrund treten.
Das bedeutet: Die Grenzen der allgemeinpolitischen Betätigung einer steuerbegünstigten Körperschaft sind noch gewahrt, wenn die Beschäftigung mit politischen Vorgängen im Rahmen dessen liegt, was das Eintreten für die satzungsmäßigen Ziele und deren Verwirklichung erfordert. Soweit eine Körperschaft danach politische Zwecke gemeinnützig verfolgen kann, muss sie sich zudem "parteipolitisch neutral" verhalten. Dies hat der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung bestätigt. Die Gemeinnützigkeit ist hingegen zu versagen, wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder überwiegender Zweck in der Satzung einer Körperschaft festgelegt ist oder die Körperschaft tatsächlich ausschließlich oder überwiegend einen politischen Zweck verfolgt.
Zivilgesellschaftliches Engagement, das darauf abzielt, die Grundfesten unserer Demokratie zu stärken und zu flankieren, sehe ich positiv und ich hoffe, dass Sie mit meinen Ausführungen dies nun rechtlich besser einordnen können.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt