Frage an Christian Schmidt von Gerhard K. bezüglich Wirtschaft
Alle Politiker rufen nach mehr Wirtschaftswachstum. Unbegrenztes Wachstum ist so tödlich wie der wuchernde Krebs oder die explodierende Atombombe, die beide nach dem gleichen "Wachstumsprinzip" funktionieren wie der Zins, der nur etwas länger braucht: alle drei folgen dem Prinzip des exponentiellen Wachstums, also der regelmäßigen Verdoppelung von Mengen. Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich eine geradezu grausame Alternative, nämlich ohne Wachstum in den sozialen oder mit Wachstum in den ökologischen Kollaps zu stürzen. Da aber das Wirtschaftswachstum schon lange nicht mehr mit dem der Geldvermögen und der Zinsströme mithalten kann, steuern wir zwangsläufig auf beides zu.
Können Sie, sehr geehrter Herr Schmidt, mir einen Ausweg aus dieser fatalen Zwickmühle in Aussicht stellen?
Zinsleistungen der Unternehmen gehen als Kapitalkosten genauso in die Produktpreise ein wie Material- und Personalkosten. Während die Personalkosten als nicht mehr bezahlbar gelten, wird die Legitimität der Kapitalkosten niemals hinterfragt.
Rechnet man die Zinskosten in Arbeitszeiten um, dann musste jeder Erwerbstätige 1950 etwa 3 Wochen pro Jahr, 1975 sieben Wochen und im Jahr 2000 bereits mehr als ein Vierteljahr nur für Zinsen arbeiten. Selbst bei dieser zunächst vereinfachten Rechnung fallen 25% Zinsen an, die jeder über den Produktpreis zahlt, auch wenn er keine Schulden hat.
Natürlich stehen diesen letztlich von den Privathaushalten zu zahlenden Zinslasten auch entsprechende Zinseinkommen aus eigenen Geldvermögen gegenüber. Diese verteilen sich aber nicht analog zur Höhe der Haushaltsausgaben, sondern analog zur Höhe der Zins bringenden Vermögen. Und diese sind bekanntlich auffällig ungleich verteilt. Nur 10% der Haushalte sind Gewinner, und diese Minderheit gewinnt dabei genauso viel, wie die 90% verlieren. Per Saldo waren das im Jahre 1990 mindestens 116 Mrd. DM.
Halten Sie eine Gesellschaft mit solchen Transferleistungen von Arm nach Reich für zukunftsfähig?
Sehr geehrter Herr Küstner,
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 13. September 2005. Wirtschaftliches Wachstum bedeutet Dynamik und Entwicklung. Es entsteht durch neue Ideen und durch wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen. Diese wollen wir, CDU und CSU, nach einem Wahlsieg wieder herstellen. Ich bin davon überzeugt, dass qualitatives Wachstum wichtig ist für die Prospektivität einer Volkswirtschaft. Viele Wirtschafts- und Wissenschaftsvertreter teilen diese Einschätzung. Wachstum ist Vorraussetzung für Wohlstand. In sieben Jahren rot/grüner Bundesregierung haben wir alle zu spüren bekommen, wie schnell unternehmer- und investitionsfeindliche Politik wirtschaftlichen Stillstand nach sich zieht. Zinsen können eine Belastung darstellen. Ein volkswirtschaftliches Modell, das Zinsen als alleinigen Quell allen Übels sieht, wird den komplizierten Zusammenhängen meines Erachtens nicht gerecht. Gegenwärtig haben wir zudem extrem niedrige Kapitalzinsen und trotzdem kommt unsere Wirtschaft nicht recht in Schwung.
Ich hoffe, Sie unterstützen uns auf unserem Weg, Deutschland wieder nach vorn zu bringen!
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB