Frage an Christian Schmidt von Jürgen O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Schmidt,
wie stehen Sie zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan?
Warum muss dort unsere Sicherheit verteidigt werden?
Ist es nicht so, dass der Krieg in Afghanistan eher den westlichen Hegemonialinteressen (strategisch günstiger Truppenstandort zu den Ölländern und zu China und Russland) denn einer wirklichen Befriedung und Schaffung von demokratischen Strukturen dient?
Was müsste Ihrer Ansicht nach geschehen, um diese Region zu befrieden?
Und noch eine Frage zur Sicherheitspolitik: Halten Sie die Angriffsdokrin der Nato, die es seit 1999 gibt und die ja auch praktiziert wird, für vereinbar mit dem Deutschen Grundgesetz und den Genfer Konventionen?
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Osterlänger
Sehr geehrter Herr Osterlänger,
für Ihre E-Mail vom 25. Juli 2009 danke ich Ihnen.
Die Sicherheit Deutschlands ist heute untrennbar verbunden mit den Entwicklungen in Europa und der Welt. Mit einem Beitrag für ein friedliches und stabiles Afghanistan schützen wir die Bundesrepublik Deutschland. Nur ein afghanischer Staat, der selbständig für seine Sicherheit zu sorgen in der Lage ist, kann verhindern, dass dieses Land erneut ein Rückzugsgebiet für Terroristen wird. Vor diesem Hintergrund ist unser Engagement in Afghanistan einzuordnen.
Die Aufstellung der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe - ISAF - erfolgte auf Ersuchen der afghanischen Regierung an die internationale Gemeinschaft und mit Genehmigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat zuletzt am 22. September 2008 die Verlängerung des ISAF-Einsatzes bis zum 13. Oktober 2009 verabschiedet und damit erneut die Notwendigkeit der Fortsetzung der Mission unterstrichen. Die Bundeswehr leistet auf dieser Grundlage in Afghanistan einen wichtigen Beitrag für Sicherheit und Frieden.
Der militärische Beitrag ist dabei nur ein Element des umfassenden Engagements der internationalen Gemeinschaft, um die afghanische Regierung zu unterstützen und der afghanischen Bevölkerung zu helfen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und Perspektiven für ihre Zukunft zu eröffnen. Der militärische Einsatz schafft so die Voraussetzung für einen nachhaltigen Wiederaufbau und dauerhafte Stabilität, die insbesondere durch Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit erreicht werden soll. In der internationalen Gemeinschaft herrscht Einigkeit, dass nur dieser vernetzte Ansatz, im Dialog mit den afghanischen Partnern, zum Erfolg führt.
Noch ist die afghanische Regierung nicht in der Lage, ohne Unterstützung von Außen für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und die Gewährleistung von Stabilität im Land Sorge zu tragen. Es ist das Ziel der Bundesregierung, dass die afghanischen Partner schrittweise mehr Eigenverantwortung übernehmen. Deshalb wird dem Aufbau afghanischer Sicherheitsorgane ein hoher Stellenwert beigemessen. Die Präsenz der internationalen Sicherheitsunterstüt-zungstruppe in Afghanistan wird deshalb für die absehbare Zukunft erforderlich bleiben.
In Afghanistan sind Nachhaltigheit und Kontinuität die Garanten des Erfolgs. Nur so verhindern wir, dass Afghanistan wieder zum Ausbildungszentrum des internationalen Terrorismus wird. Unser Einsatz in Afghanistan dient somit auch dem unmittelbaren Schutz unserer Bürger hier in Deutschland.
Das strategische Konzept der NATO von 1999 ist keine Angriffsdoktrin. Es beschreibt Zweck und Aufgaben des Bündnisses im Lichte des sich entwickelnden strategischen Umfelds mit seinen sicherheitspolitischen Herausforderungen und Risiken. Das Konzept zeigt den Sicherheitsansatz im 21. Jahrhundert auf und unterstreicht die Bedeutung der transatlantischen Bindung sowie der Aufrechterhaltung des militärischen Potenzials des Bündnisses. Es beschreibt weiterhin die Rolle weiterer Schlüsselelemente des breit angelegten Bündnisansatzes für Stabilität und Sicherheit, insbesondere die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität, Konfliktverhütung und Krisenbewältigung, Partnerschaft, Zusammenarbeit und Dialog, Erweiterung sowie Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung. Darüber hinaus bekräftigt das Konzept die Sicherung von Freiheit und Sicherheit der Bündnispartner mit politischen und militärischen Mitteln als wesentlichen und fortdauernden Zweck der Allianz. Es bestätigt die Werte Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit und bringt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu gemeinsamer Verteidigung sowie darüber hinaus zur Sicherung von Frieden und Stabilität im erweiterten euro-atlantischen Raum zum Ausdruck. Soweit besteht vollständige Übereinstimmung mit der völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlage.
Ich erlaube mir, Ihnen zudem das Weißbuch 2006 der Bundesregierung zur Kenntnis und Lektüre zukommen zu lassen und bin zum gesprächsweisen Austausch gerne bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB
Parlamentarischer Staatssekretär