Frage an Christian Lindner von Rainer Z. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Lindner,
die FAZ vom 10.3.2019 zitiert Sie zu den Schülerdemonstrationen von "Fridays for Future" mit den Worten:
"In der Unterrichtszeit sollten sie sich lieber über physikalische und naturwissenschaftliche sowie technische und wirtschaftliche Zusammenhänge informieren. Ich bin für Realitätssinn. Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis."
Hierzu möchte ich Sie fragen:
1) Halten Sie es in einer Demokratie für angebracht, Menschen das Recht zur Teilnahme an politischen Diskussionen abzusprechen, weil diese aus Ihrer Sicht keine "Fachleute" sind?
2) Was wäre aus Ihrer Sicht die minimale naturwissenschaftliche bzw. technische Qualifikation, die Sie voraussetzen,
um
a) an der politischen Diskusison teilnehmen zu dürfen, und
b) als politische Entscheidungsträger über entsprechende Maßnahmen wie z.B. Klimaschutzgesetze zu entscheiden?
3) Wie Sie sicher wissen, hat Deutschland sich mit dem Pariser Übereinkommen von 2015 verpflichtet, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die zu erwartende globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Sind Sie der Meinung, dass Deutschland diese Verpflichtung einhalten sollte?
4) Welche wissenschaftlich fundierten Maßnahmen schlagen Sie vor, um eine Reduktion des deutschen Treibhausgasausstoßes im Einklang mit diesem Ziel sicher zu stellen?
freundliche Grüße,
Dr. Rainer Zimmermann
Sehr geehrter Herr Dr. Z.,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Ich habe Respekt vor dem politischen Engagement junger Menschen. Allerdings bin ich der Meinung, dass solche Demonstrationen nach der Schule stattfinden sollten. Wir haben eine Schulpflicht. Es kann nicht sein, dass einerseits Unterrichtsausfall beklagt wird und andererseits Unterricht geradezu mit öffentlicher Würdigung geschwänzt wird.
Jede und jeder in unserer Gesellschaft kann sich für politische Ziele einsetzen und demonstrieren. Und natürlich kann man auch mehr Anstrengungen für den Klimaschutz fordern. Ich mache aber auf ein Problem aufmerksam: In Deutschland schaltet sich die Politik auch in die technologische Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen ein! Wir bezahlen Subventionen und sprechen Quoten und Verbote aus. Die Kosten für Klimaschutz steigen im Ergebnis, die Vermeidung von CO2 geht aber zurück. Das muss sich ändern: Demokratisch sollten Ziele festgelegt werden, aber Einzelentscheidungen zu Technologien sollten unterlassen bleiben. Ob das E-Auto ökologischer ist als die Brennstoffzelle, das können andere besser beurteilen als die große Zahl der Politikerinnen und Politiker. Selbstverständlich sollte Deutschland seine Verpflichtungen im Rahmen der Klimaziele einhalten. Ich breche eine Lanze für Ingenieure, Techniker und Ökonomen, die solche politisch festgelegten Ziele auf dem wirksamsten und günstigsten Weg erreichen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner