Frage an Christian Kubisch von Matthias F. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Kubisch,
die Piraten setzen sich unter anderem für ein freies Internet und gegen staatliche Online-Überwachung bzw. -Zensur und die damit verbundene mögliche Aushebelung der Bürgerrechte ein. In diesem Zusammenhang habe ich zwei Fragen:
1. Bedeutet ein freies Internet in diesem Zusammenhang auch ein freies Gewähren der Internetabzockerfirmen, die unter versteckten Preis- und Aboangeboten durch die Naivität der Bürger durch nur wenige Klicks hohe Summen von den Opfern verlangen und anschließend schnelle Mahnbescheide zuschicken? Wenn nicht, wie gedenken die Piraten, diese zu bekämpfen?
2. Dass die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Instrumente nicht allzu wirksam sind, ist für einen im Internetzeitalter aufgewachsenen Menschen einleuchtend. Doch welche Vorschläge unterbreitet die Piratenpartei, um gegen Kinderpornoringe vorzugehen, bzw. auf welche Maßnahme zur Bekämpfung von Terrorgruppen in Deutschland (u.a. Sauerlandgruppe) setzt sie?
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
zunächst möchte ich mich für die verspätete Antwort entschuldigen. Jedoch bin ich erst heute aus dem Urlaub zurückgekommen und hatte leider keine frühere Möglichkeit Ihre Frage zu beantworten.
So nun zu Ihren Fragen:
zu 1.) selbstverständlich nicht. Das Internet war und ist kein rechtsfreier Raum. Betrugsdelikte müssen selbstverständlich verfolgt werden, egal ob sie per Telefon, an der Haustür oder über das Internet begangen werden. Es bedarf mehr rechtlicher Klarheit für den Abschluss von Geschäften über das Internet. So muss einerseits (sinnvollerweise in Zusammenarbeit mit Verbraucherschützern) geregelt werden, in welcher Form der Kunde über die Kosten eines Angebots aufgeklärt werden muss. Andererseits müssen seriöse Shops davor geschützt werden, dass ein fehlendes Komma in den AGB zu einer Abmahnung führen kann. Siehe hierzu auch den Artikel im Spiegel: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,641659,00.html
zu 2) Die Piratenpartei ist dafür, dass Internetseiten mit Kinderpornographischen Inhalten umgehend aus dem Internet gelöscht werden. Dies muss durch eine Zusammenarbeit der Behörden verschiedener Länder geschehen. Alvar Freude vom Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) machte die Probe aufs Exempel, analysierte mit automatischen Verfahren die diversen europäischen Sperrlisten und schrieb die Provider an, auf deren Servern sich laut der Listen kinderpornographisches Material befinden soll. Mit beeindruckender Resonanz: Innerhalb der ersten 12 Stunden nach Aussenden der Mails wurden bereits 60 Webauftritte gelöscht. Löschen ist die einzig effektive Möglichkeit um gegen Seiten mit Kinderpornographischen Inhalten vorzugehen. Siehe hierzu Seite des Arbeitskreises Zensur: http://ak-zensur.de/2009/05/loeschen-funktioniert.html
Im Bereich der Bankbetrugsseiten ("Phishing") geschieht dies sogar in durchschnittlich 4 Stunden(!). Es mangelt im Bereich der Kinderpornografie ganz offensichtlich an internationaler Zusammenarbeit.
Die Sauerlandgruppe wurde ohne Vorratsdatenspeicherung oder Onlinedurchsuchung verhaftet.Diese Menschen kennen ja auch genau die Überwachungsmethoden der Strafverfolgungsbehörden und verhalten sich dementsprechend. Warum sollte für die eMail nicht genau wie für den Brief das Postgeheimnis gelten. Würde die Regierung verfügen das die Strafverfolgungsbehörden jeden Briefe öffnen und den Inhalt kontrollieren sollen, ein Aufschrei würde durchs Volk gehen. Bei der eMail wird es aber hingenommen. 82.000.000 Millionen Bürger stehen unter Generalverdacht und werden überwacht. Aber die die erwischt werden sollen werden nicht durch die neue Totalüberwachung erwischt, sondern auch weiterhin mit den klassischen Methoden der Strafverfolgung. Mehr Informationen hierzu finden Sie auf der Seite der Piratenpartei: http://www.piratenpartei.de/navigation/politik/ueberwachung
Mit freundlichen Grüßen
Christian Kubisch