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Christa Stewens
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Frage von Anne - Catherine K. •

Frage an Christa Stewens von Anne - Catherine K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Fr. Stewens,

in letzter Zeit wird oft über das Thema Mindestlohn diskutiert.
Ist der Mindestlohn in der Postbranche ein Thema für ihren Wahlkampf? Wie stehen sie dazu? Welche Vor-bzw. Nachteile sehen sie? Was denken sie über die Folgen, die für die Postmitarbeiter entstehen (siehe z.B. Pin-Entlassungen))

Vielen Dank für die Beantwortung,
mfg
Anne-Catherine Kaiser

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Kaiser,

vielen Dank für Ihr Mail vom 02.09.2008 an "kandidatenwatch". Sie fragen darin nach der Bedeutung des Themas "Mindestlohn" und insbesondere des Postmindestlohns für den Wahlkampf.

Das Thema "Mindestlohn" ist derzeit politisch hochaktuell und spielt damit natürlich auch im Wahlkampf eine besondere Rolle:

Im Bundesrat in Berlin werden nächste Woche zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung beraten, die den Weg zu weiteren branchenspezifischen Mindestlöhnen eröffnen sollen. Sie sind der Versuch einer Umsetzung des Kompromisses in der Großen Koalition zum Thema "Mindestlohn" vom Juni 2007. Damals einigte man sich, dass es keinen allgemeinen gesetzliche Mindestlohn (wie von Gewerkschaftsseite in Höhe von 7,50 Euro gefordert) geben solle, sondern dass zum Einen dass Arbeitnehmer-Entsendegesetz um weitere Branchen erweitert und zum Anderen das Mindestarbeitsbedingungengesetz von 1952 "gängig", also leichter anwendbar, gemacht werden sollte.

Über die Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes soll Branchen, in denen viele Beschäftigte tariflich bezahlt werden (Tarifbindung von mindestens 50%) die Möglichkeit eröffnet werden, durch Aufnahme der Branche ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz und Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber zur Zahlung von tariflichen Mindestentgelten zu verpflichten, auch wenn sie ihren Sitz im Ausland haben. Auf diesem Weg, Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, war Ende 2007 auch der Postmindestlohn eingeführt worden.

Über das Mindestarbeitsbedingungengesetz soll der Staat in Branchen, in denen es keine Tarifverträge gibt oder eine Tarifbindung nur für eine Minderheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besteht, nach Einschaltung und Prüfung durch Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie anderer Experten bei Vorliegen besonders schlechter Entgeltbedingungen in einer Branche Mindestarbeitsentgelte festsetzen können.

Dieser Kompromiss wird von mir mitgetragen: Ich lehne die Einführung eines allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohns (in Höhe von 7,50 Euro) ab: Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn führt gerade in den Branchen mit niedrigem Lohnniveau dazu, dass verstärkt Stellen abgebaut, ins Ausland verlagert werden oder in die Schwarzarbeit abdriften. Für die Betroffenen ist es besser, einen etwas niedriger bezahlten Job zu haben und gegebenenfalls staatliche Aufstockungsleistungen zu erhalten, als keine Arbeit zu haben, weil ihr Arbeitsplatz wegen zu hoher Kosten nicht erhalten oder nicht geschaffen wurde. Ein gesichertes Mindesteinkommen ist gerade für Familien mit einem Mindestlohn allein nicht zu erreichen, da ein Mindestlohn unabhängig von der Zahl der Unterhaltsberechtigten berechnet würde.

Deshalb lehne ich auch das vom DGB Bayern geplante Volksbegehren zur Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes ab.

Ich bin jedoch bereit, den gefundenen Kompromiss zur Einführung von branchenspezifischen Mindestlöhnen mitzutragen, wenn die Tarifautonomie gewahrt wird und eine Festsetzung im öffentlichen Interesse geboten ist.

In meinen klaren Positionen zu branchenspezifischen Mindestlöhnen werde ich auch durch die leidvollen Erfahrungen, die wir alle mit der Einführung des Postmindestlohns gemacht haben, bestärkt: Sie haben gezeigt, wie wichtig es ist, klare Kriterien für den Umgang mit verschiedenen Tarifverträgen zu entwickeln und dass vor Aufnahme einer Branche ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz die Bedingungen, Strukturen und Machtverhältnisse in der Branche genau geprüft werden müssen. Ich bin froh, dass damals auf meine Anregung hin zumindest der Anwendungsbereich für den Postmindestlohn auf Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen begrenzt wurde, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern. Über dieses Einfließen der Erfahrungen mit dem Postmindestlohn in die aktuelle Diskussion zu den Mindestlohngesetzen wird der Postmindestlohn aktuell nicht (erneut) diskutiert, eine Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes ist angesichts der gerade mal neunmonatigen Umsetzungszeit des Gesetzes und der noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreite nicht geplant.

Mit freundlichen Grüßen

Christa Stewens