Frage an Cansel Kiziltepe von Annkristin O. bezüglich Familie
Hallo, für welche Entlastung von Alleinerziehenden machen Sie sich stark? Insbesondere steuerlich aber auch bzgl Betreuungsangeboten für Kinder von Alleinerziehenden gibt es mE erheblichen Nachholbedarf. Als Alleinerziehende bin ich auf meinen Vollzeit Job (den ich auch sehr gerne ausübe!) angewiesen, die Betreuung durch Kitas im Kiez ist aber - wenn man überhaupt einen Platz Wohnortsnah ergattert - mit Blick auf Öffnungszeiten von Kitas und die eingeschränkte Gewährung von 9std+ Kitagutscheinen wahnsinnig schwer mit einem fordernden Job und Karriereambitionen zu vereinbaren.
Sehr geehrte Frau O.,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Wie sie sicherlich wissen, bin ich Mitglied im Finanzausschuss. Es ist uns und mir ein besonderes Anliegen, dass Alleinerziehende steuerlich entlastet werden. Das haben wir als SPD auch in den Koalitionsvertrag verhandelt.
In der vergangenen Legislaturperiode hat sich die SPD auch für Alleinerziehende eingesetzt. So sind zur Jahreswende 2021 Maßnahmen in Kraft getreten, von denen insbesondere Alleinerziehende profitieren. Zum 1. Januar 2021 ist das Kindergeld um 15 Euro pro Kind und Monat gestiegen auf nunmehr 219 Euro für das erste und zweite Kind. Der Kinderfreibetrag wurde um mehr als 500 Euro auf 8.388 Euro angehoben. Auch der Kinderzuschlag, der besonders Familien mit niedrigem Einkommen zugutekommt, wurde erhöht. Der monatliche Höchstbetrag steigt von 185 Euro auf 205 Euro. Wir setzen mit diesen Verbesserungen den Fokus auf die Stärkung von Familien und Alleinerziehenden mit Kindern fort: Bereits zum 1. Juli 2019 haben wir das Kindergeld um 10 Euro pro Monat erhöht. Der einmalige Kinderbonus in Höhe von 300 Euro, mit dem wir die Familien im Herbst 2020 unterstützt haben, würdigte die besonderen Herausforderungen für Familien mit Kindern in der Corona-Zeit.
Wir haben uns auch für eine dauerhafte finanzielle Besserstellung von Alleinerziehenden eingesetzt. Häufig stehen Alleinerziehende unter besonderem finanziellem Druck. Bereits in der letzten Legislaturperiode wurde durch die Erweiterung des Unterhaltsvorschusses die finanzielle Situation vieler Alleinerziehender verbessert. Im Rahmen des Konjunkturpakets sind wir einen weiteren großen Schritt gegangen und haben den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1.908 Euro auf 4.008 Euro für die Jahre 2020 und 2021 mehr als verdoppelt. Diese zeitliche Befristung wurde nun aufgehoben. Damit leisten wir dauerhaft einen wichtigen Beitrag, um die besondere finanzielle Belastung alleinerziehender Eltern besser zu berücksichtigen. Beispielsweise wird eine alleinerziehende Arbeitnehmerin mit zwei Kindern und einem Bruttoverdienst von rund 40.000 Euro jährlich dauerhaft mehr als 600 Euro im Jahr zusätzlich zur Verfügung haben.
In der kommenden Wahl treten wir dafür an, dass Familien mehr Zeit füreinander haben, und dass es einfacher wird, Erwerbs- und Sorgearbeit gerechter zwischen allen Geschlechtern aufzuteilen, und Alleinerziehende besser unterstützt werden. Wir wollen ein Vier-Säulen-Modell für mehr Familienzeit einführen.
Die erste Säule sind zwei Wochen Elternschaftszeit direkt nach Geburt eines Kindes, auf die jeder Vater bzw. der*die Partner*in kurzfristig und sozial abgesichert Anspruch hat. Wir werden damit Familien mit Kindern in ihrer allerersten Phase unterstützen und die Voraussetzungen für eine gerechtere Aufteilung von Sorgeaufgaben schaffen.
Die zweite Säule ist die Familienarbeitszeit, mit der wir den derzeitigen Partnerschaftsbonus beim ElterngeldPlus zu einer flexiblen, geförderten Elternteilzeit nach dem ersten Lebensjahr eines Kindes ausbauen werden. Wenn in Paarfamilien beide Elternteile gleichzeitig oder Alleinerziehende etwas weniger als Vollzeit arbeiten, sollen sie zukünftig je zehn Monate ElterngeldPlus erhalten – mindestens 200 und höchstens 900 Euro. Diese Leistung kann so lange genutzt werden, wie auch der Anspruch auf Elternzeit gilt, also bis zum achten Geburtstag des Kindes. Denn auch jenseits des Kleinkindalters brauchen Eltern Zeit für ihre Kinder, sei es bei der Einschulung, weil ein Umzug ansteht oder ein Kind einfach mehr unterstützt werden muss als andere.
Die dritte Säule ist die dauerhafte Ausweitung der pandemiebedingt erhöhten Kinderkrankentage auf 20 Tage pro Kind, Jahr und Elternteil (als „Elterngeld akut“) - bei mehr als zwei Kindern maximal 45 Tage pro Elternteil und 90 Tage für Alleinerziehende, um deren besondere Situation zu berücksichtigen. Kinderkrankentage waren schon vor Corona oft zu knapp - gerade bei jüngeren Kindern, die in den ersten Kita-Jahren häufig krank werden. Darüber hinaus soll künftig auch anderer kurzzeitiger Betreuungsbedarf über das „Elterngeld akut“ organisiert werden können.
Unser Modell der Familienpflegezeit ist die vierte Säule. Wer Angehörige pflegt, soll dabei unterstützt werden, die Pflege mit Erwerbsarbeit zu kombinieren. Das bedeutet: 15 Monate Anspruch auf Unterstützung (Lohnersatz) bei einer Arbeitszeitreduzierung für jeden nahen Angehörigen ab Pflegegrad 2, auf mehrere Pflegepersonen aufteilbar mit einer Mindestarbeitszeit von 15 bis 20 Stunden. Wichtig ist, dass Unternehmen gezielt auch die Männer ermutigen, dieses Modell zu nutzen.
Auch das Thema Kitabetreuungsplätze, allgemein und im speziellen in Friedrichshain-Kreuzberg, ist der SPD und auch mir persönlich ein besonderes Anliegen. Der Bedarf an Kitaplätzen wird auch in den nächsten Jahren weiter steigen. Insbesondere Alleinerziehende sind oftmals auf diese Betreuungsform ihrer Kinder angewiesen. Die Tausenden in den letzten Jahren neu geschaffenen Plätze in Friedrichshain-Kreuzberg decken nicht die Nachfrage. In unserem wachsenden Stadtteil fehlen inzwischen geeignete öffentliche Flächen, die sich für den Kita Bau eignen. Landes- und bundeseigene Flächen müssen dafür zur Verfügung gestellt werden. Dafür setzen wir uns ein. Wir setzen uns ebenso dafür ein, dass bei größeren Wohnungsbauvorhaben Flächen für den Neubau von Kitas und Schulen zur Verfügung gestellt werden. Wir wollen die Errichtung betriebseigener Kitas fördern – nicht zuletzt im Sinne der Beschäftigten mit Kindern.
Immer mehr Eltern benötigen wie Sie eine flexiblere Betreuung für ihre Kinder. Das gilt erst recht für Alleinerziehende. Durch Veränderungen in der Arbeitswelt sind viele Familien darauf angewiesen, Betreuungsangebote in den sogenannten Randzeiten, also in den frühen Morgenstunden oder am Abend, ggf. auch über Nacht, in Anspruch zu nehmen. Unser Ziel ist es, in jeder der acht Bezirksregionen Angebote zu schaffen, das solche besonders flexiblen Betreuungszeiten ermöglicht.
Für viele werdende Eltern beginnt bereits während der Schwangerschaft die Odyssee der Kitaplatzsuche. Wer damit erst nach der Geburt beginnt, hat häufig das Nachsehen. Deshalb wollen wir gemeinsam mit den Trägern der Kitas einheitliche Regeln und Zeiten für die Anmeldung von Kindern in Kitas schaffen und ein bezirksweites zentrales Vergabeverfahren für Kitaplätze einführen – sowohl für öffentliche als auch für Kitas in freier Trägerschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Cansel Kiziltepe, MdB