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Britta Haßelmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gertrud A. •

Wie stehen Sie zu der Prüfung eines AfD-Verbotes?

Sehr geehrte Frau Haßelmann,

ich habe große Angst um den Fortbestand unserer Demokratie und wäre sehr froh, wenn ein AfD-Verbotsverfahren wenigstens geprüft würde. Hierfür sprechen zwei Aspekte:

- Die Prüfung eines Verbotsverfahrens ist eine gründliche Analyse, die zeigt, ob es eine Möglichkeit wäre.

- Millionen von Bürgern haben hierum auf vielen Demonstrationen überall im Land gebeten. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass die Ängste friedlich demonstrierender Bürger genauso ernst genommen werden, wie die Befindlichkeiten rechter Ränder der Gesellschaft.

Meine Frage:

Wie sehen Sie als eine der Fraktionsvorsitzenden der Grünen die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens? Und würden Sie sich dafür einsetzen?

Wenn nicht, mit welcher Politik und Kommunikation wollen Sie die Wähler*innen der AfD zurück ins demokratische Spekrum holen?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau A.,

vielen Dank für Ihre Frage. Frau Haßelmann hat uns gebeten, Ihnen zu antworten. 

Bei der AfD handelt es sich um eine Partei, die unsere Demokratie zutiefst verachtet. Sie sät Hass und fügt unserem Land und unserer Demokratie großen Schaden zu. Nicht umsonst behalten unsere Sicherheitsbehörden ihre verfassungsfeindlichen Bestrebungen fest im Blick und haben bislang schon diverse AfD-Gliederungen und Landesverbände als gesichert rechtsextrem eingestuft. 

Für ein Verbotsverfahren gibt es erhebliche verfassungsrechtliche Hürden und es kann nur unter bestimmten Voraussetzungen Erfolg haben. Das demokratiefeindliche Gedankengut lässt sich ohnehin nicht einfach verbieten. Deshalb ist es gemeinsame Aufgabe aller überzeugten Demokrat*innen, die AfD vor allem inhaltlich zu stellen. Dafür müssen wir die Narrative rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien aufdecken und auf deren Schädlichkeit aufmerksam machen. Ein möglicher Austritt aus der EU, der von der AfD immer wieder ins Spiel gebracht wird und einen schweren wirtschaftlichen Schaden und Wohlstandsverlust für die Bevölkerung bedeuten würde, ist dabei nur ein Beispiel unter vielen. Gleichzeitig müssen alle Verfassungsorgane ständig die aktuellen Einschätzungen der Sicherheitsbehörden und Argumente des Für und Wider eines Verbots sorgfältig abwägen und aus den Erkenntnissen Konsequenzen ziehen. Sorgfältig abzuwägen, heißt dabei nicht, untätig zu sein. Alle geeigneten und erfolgversprechenden rechtsstaatlichen Instrumente sind eine Option. Wir haben die Entwicklungen immer aufmerksam im Blick. 

Um den Umtrieben von Extremist*innen rechtsstaatlich entgegenzutreten, haben wir in der Ampel-Koalition bereits verschiedene Gesetze beschlossen: Um den Missbrauch öffentlicher Gelder zur Demokratiezersetzung zu verhindern, haben wir das Stiftungsrecht reformiert. Nun müssen sich parteinahe Stiftungen nicht nur zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, sondern aktiv für diese eintreten. Stiftungen, die dies nicht gewährleisten, können keine staatlichen Gelder mehr erhalten. Außerdem haben wir das Disziplinarrecht des Bundes reformiert. Verfassungsfeindliche Beamt*innen können nun schneller aus dem öffentlichen Dienst und aus der Bundeswehr entfernt werden. Dies sind nur einige Beispiele. 

Ein großes Problem stellen Desinformationen, Hass und Hetze dar, die besonders stark in den sozialen Medien verbreitet werden. Zahlreiche Regulierungsschritte wurden bereits unternommen. So wurde beispielsweise das Digitale-Dienste-Gesetz verabschiedet. Es gilt, den Druck auf nationaler und europäischer Ebene auf die Betreiber von Internetplattformen weiter zu erhöhen, ihren gesetzlichen und selbst gegebenen Verpflichtungen tatsächlich nachzukommen und dafür zu sorgen, dass Hass und Hetze im Internet konsequent unterbunden werden.

Alle demokratischen Parteien sind gefordert, Wähler*innen der AfD mit einer guten Politik und einer verantwortungsvollen Kommunikation zurück ins demokratische Spektrum zu holen. 

Die demokratischen Politiker*innen sollten sich nicht daran beteiligen, Werte und Normen zu verschieben oder gar von der AfD zu übernehmen. Wir werden unsere demokratischen Grundhaltungen und den politischen Diskurs auch sprachlich bewahren. Wir rufen alle demokratischen Mitbewerber*innen dazu auf, die Brandmauer nach rechts gemeinsam zu stärken und jegliche diskursive und tatsächliche Kooperation mit der AfD zu unterlassen.

Für die Stärkung unserer Demokratie und den Kampf gegen Extremismus ist die Zivilgesellschaft essenziell. Wir setzen uns daher in der Ampelkoalition dafür ein, zeitnah das Demokratiefördergesetz zu verabschieden. Mit dem Demokratiefördergesetz soll die bisherige Praxis der Förderung von zivilgesellschaftlichem Engagement für Demokratie verbessert werden.

Mut machen die hunderttausenden Menschen, die für die Demokratie in unserem Land auf die Straße gehen und sich in breiten gesellschaftlichen Bündnissen gegen Rechtsextremismus engagieren. 

Mit besten Grüßen

Team Haßelmann

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