Warum beantworten Sie meine Frage vom 26.6.24 an Sie nicht?
Es geht hier immerhin um das Recht der Bürger in diesem Lande, Volksabstimmungen durchführen zu können, wie es im Art.20 Abs.2 im Grundgesetz verankert ist.
Sie und Ihre Partei verweigern bisher den Bürgern diese Recht! Sie haben sogar im Mai 2023 im Bundestag gegen Volksabstimmungen gestimmt.
Bitte begründen Sie hier Ihre Ablehnung von Volksabstimmungen, obwohl diese im Grundgesetz eindeutig im Art.20 Abs.2 vorgesehen sind!
Sehr geehrter Herr C.,
vielen Dank für Ihre Frage. Frau Haßelmann hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.
In einer repräsentativen Demokratie werden politische Entscheidungen und die Kontrolle der Regierung nicht unmittelbar vom Volk, sondern von der Volksvertretung ausgeübt. Das Volk entscheidet in regelmäßig stattfindenden Wahlen über die Volksvertreterinnen und Volksvertreter. Für Deutschland leitet sich diese Staatsform direkt aus dem Grundgesetz ab. In einer repräsentativen Demokratie können Politikerinnen und Politiker durch die Spezialisierung auf Politikfelder auf eine hohe Fachkompetenz zurückgreifen, um politische Probleme zu lösen.
Volksabstimmungen, die ein Element direkter Demokratie darstellen und auf die Sie sich beziehen, sind auf Bundesebene nur über die Neugliederung des Bundesgebietes, nicht aber über die Verfassung oder einzelne Gesetze möglich. Eine Volksgesetzgebung wäre nur nach einer Verfassungsänderung möglich, da die Regelungen des Gesetzgebungsverfahrens geändert werden müssten.
Mit möglichen Formaten von direkter Demokratie haben wir uns als Bündnis90/Die Grünen zuletzt intensiv auf dem Bundesparteitag 2020 befasst. Dabei haben wir die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes mit Blick auf Volksabstimmungen und andere Instrumente direkter Demokratie umfassend rechtlich geprüft und diskutiert. Am Ende sind wir zu dem Ergebnis gelangt, dass Bürgerräte ein verfassungsrechtlich zulässiges und praktisch gut geeignetes Format sind, die repräsentative parlamentarische Demokratie zu ergänzen.
Der erste durch den Deutschen Bundestag eingesetzte Bürgerrat hat zum Thema Ernährung getagt. Dies ist ein Thema, mit dem wir alle täglich befasst sind. Die Bürgerinnen und Bürger konnten ihr Alltagsfachwissen umfangreich in diesen Prozess einbringen. Die Medienberichterstattung, die Debatte im Plenum und die intensive Beratung der Vorschläge in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages haben gezeigt, dass sich Bürgerräte sehr gut als Bürgerbeteiligungsformat eignen. Ein großer Vorteil ist dabei, dass über die Bürgerräte auch Menschen erreicht werden, die sich üblicherweise nicht an den sonstigen Beteiligungsformaten beteiligen. Damit erhalten noch mehr Menschen die Möglichkeit, ihre eigenen Meinungen, Standpunkte und Expertise in den demokratischen Meinungsbildungsprozess einzubringen und wir belassen die letzte Entscheidung dennoch beim Parlament.
Mit besten Grüßen
Team Haßelmann