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Britta Haßelmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Cornelia-Renate H. •

Frage an Britta Haßelmann von Cornelia-Renate H. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Haßelmann,

wie stehen sie zu einem Verbot des Sexkaufes in Deutschland nach schwedischem Vorbild?

Portrait von Britta Haßelmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Herzog,

vielen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch zu meiner Position in der Prostitutionsdebatte. Im Positionspapier der grünen Bundestagsfraktion „Prostituierte schützen und stärken“< http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Prostitutionsgesetz.pdf > haben wir formuliert, dass gesetzliche Verbesserungen der Rahmenbedingungen der Prostitution angegangen werden müssen.

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema. Wir sind der Auffassung, dass man den Kauf von Sex nicht verbieten kann, ohne die Prostituierten in die Illegalität zu drängen. Und es bedarf weiterer Maßnahmen gegen Gewalt und Kriminalität in der Prostitution. Wir fordern gleichzeitig, verstärkt den Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution aufzunehmen und dazu die längst überfälligen gesetzlichen Maßnahmen, die von Seiten der EU angemahnt wurden, umzusetzen.

Um zu einer sachgerechten Position zu gelangen, haben wir ein Fachgespräch geführt, mit FachexpertInnen aus Verbänden gesprochen und auch die Erkenntnisse aus der internen Anhörung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgenommen. Im Ergebnis dieses langen Diskussionsprozesses sind für uns Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der weitere Abbau von Diskriminierung und Stigmatisierung in der Prostitution zentral. Alle in der Prostitution tätigen Frauen und Männer pauschal als Opfer zu bezeichnen, ignoriert ihren freien Willen und ihr Selbstbestimmungsrecht.

Eine notwendige Weiterentwicklung des Prostitutionsgesetzes sehen wir in einem Prostitutionsstättengesetz. Damit sollen Prostitutionsstätten als Gewerbebetriebe reguliert werden. Die Kontrolle erfolgt über die Gewerbeämter, die jederzeit Zutritt zu den Prostitutionsstätten haben. Sie unterliegen einer Genehmigungspflicht. Das beinhaltet auch die Überprüfung der Bordellbetreibenden. Sie müssen einen Geschäftsplan vorlegen, dürfen keine menschenunwürdige Geschäftsmodelle anbieten und müssen soziale und hygienische Standards einhalten.

Einen Ausbau von Beratungs- und Hilfsangeboten sehen wir als weiteren zentralen Aspekt an. Prostituierte müssen flächendeckend die Möglichkeit haben, niedrigschwellige mehrsprachige Beratungsangebote wahrnehmen zu können. Aufsuchende Beratung vor Ort ist verstärkt nötig. Dies ist wichtig, um Prostituierte zu erreichen und ihnen die Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen. Wir setzen dabei auf Angebote, nicht auf Verpflichtungen und Verbote, weil wir das für kontraproduktiv halten.

Die Grenzen zwischen legaler Prostitution und Ausbeutung in der Prostitution erscheinen oft fließend und machen es schwierig zu unterscheiden, wo selbstbestimmte Arbeit in der Prostitution beginnt und endet. Die Diskussion über den Umgang mit Prostitution muss die Unterschiede in der Art der Prostitution und Probleme von krimineller Ausbeutung, Armut, Abhängigkeiten, Zwang und Gewalt berücksichtigen.

Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ist ein Verbrechen. Eine Gleichsetzung von Prostitution und Zwangsprostitution und Menschenhandel jedoch ist falsch. Wir fordern daher, dass endlich die Maßnahmen zum Schutz der Opfer von Menschenhandel umgesetzt werden:

• die EU-Richtlinie zum Menschenhandel,

• die EU-Opferschutzrichtlinie,

• sowie die Europaratskonvention gegen Menschenhandel.

An diese Forderungen wollen wir in dieser Legislaturperiode anknüpfen und entsprechende Vorschläge in den Bundestag einbringen.

Mit freundlichen Grüßen
Britta Haßelmann

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