Frage an Brigitte Wolf von Sophia H. bezüglich Frauen
1.) wie stehen Sie zum Thema Prostitution (Stichwort nordisches Modell?)
2.) welche Maßnahmen planen Sie für die Gleichstellung der Frau?
Sehr geehrte Frau H.,
zum Thema Prostitution habe ich mir noch keine abgeschlossene Meinung gebildet, auch in der LINKEN werden unterschiedliche Wege diskutiert. Ziel ist auf jeden Fall: Die in der Prostitution Tätigen müssen geschützt und gestärkt werden. Sie dürfen nicht zu Objekten gemacht werden. Ein Ausstieg aus der Prostitution muss jederzeit ermöglicht und unterstützt werden. Zwangsprostitution muss als Ausbeutung bekämpft werden, die Opfer von Menschenhandel müssen besser geschützt werden. Das "nordische Modell", bei dem die Nachfragenden bestraft werden, halte ich für schwierig. Ich fürchte, dass damit die Prostitution wieder in die Illegalität abgedrängt wird, wodurch die Situation der in Prostitution Tätigen noch schwieriger würde.
Geschlechtergerechtigkeit heißt Emanzipation für die ganze Gesellschaft. Es geht um soziale Gerechtigkeit und Solidarität statt individuellem Durchschlagen gegen Männerdominanz und Konkurrenz.
Zur Gleichstellung der Frau gehört eine radikale Umverteilung von Erwerbsarbeit und Sorge-Arbeit. Dass wir die notwendigen Güter mit weniger Arbeit herstellen, könnte ein Glück sein: Wenn die Arbeit gerecht verteilt wird. Stattdessen müssen die einen Überstunden machen, während andere gar keine Arbeit finden. Um selbstbestimmt zu leben, müssen wir über die Zeit anders verfügen können. Vier Bestandteile gehören zusammen: Zeit für Erwerbsarbeit, für Familie und Freundinnen und Freunde, für gesellschaftliches Engagement, Bildung und Kultur sowie ausreichend Erholung und Zeit für sich selbst.
Dazu benötigen wir unter anderem:
* eine Arbeitszeitverkürzung, die um 30 Wochenstunden oder einen Sechs-Stunden-Tag kreist
* ein individuelles Recht auf Teilzeit sowie das Rückkehrrecht auf die vorherige Arbeitszeit
* die Stärkung sozialer Dienstleistungen und der öffentlichen Daseinsvorsorge
* gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit! Dafür brauchen wir ein verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz samt Verbandsklagerecht
* gerechte Verteilung von Erwerbsarbeit, unbezahlter Hausarbeit, Kindererziehung und Betreuung sowie von Pflege zwischen den Geschlechtern
* ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft
* eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent für alle Aufsichtsräte sowie für die Vorstände aller Unternehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Brigitte Wolf