Frage an Brigitta Martens von Wolf M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
In kirchlichen Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, deren Kosten bekanntlich weitgehend von allen Steuerzahlern (mit und ohne Konfession) bzw. von den allgemeinen Sozialkassen getragen werden, werden den Beschäftigten Rechte vorenthalten, die sie in allen anderen Einrichtungen haben. So können sie dort beispielsweise keinen Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz wählen.
Würden Sie eine Bundesratsinitiative des Hamburger Senats unterstützen, damit die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen allen anderen Beschäftigten gleichgestellt werden?
Rechtliche Grundlage des kirchlichen Arbeitsrechts ist das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Art. 137, Abs 3 WRV / Art 140 GG). Daraus leitet sich die Sonderregelung ab, dass das Betriebsverfassungsgesetz in kirchlichen Einrichtungen nicht zur Anwendung kommt (BetrVG § 118, Abs. 2) und stattdessen ein eigenes, kircheninternes Arbeitsrechtsregelungsverfahren und ein Mitbestimmungsvertretungsrecht geschaffen wird. Kernvorstellung des kirchliches Arbeitsrechts ist eine konfessionelle Dienstgemeinschaft, in der Dienstgeber (in der Rolle des Arbeitgebers) und Dienstnehmer (in der Rolle des Arbeitnehmers) gemeinsam nach religiösen Grundprinzipien arbeiten. Deshalb lehnen die Kirchen Tarifverträge, Arbeitskampf und Betriebsräte als unangemessene "streitige" Formen der Auseinandersetzung ab. Stattdessen gibt es paritätisch besetzte Kommissionen („Arbeitsrechtliche Kommissionen“ im evangelischen, „Kommissionen zur Ordnung des diözesanen Arbeitsrechts“ im katholischen Bereich), in denen Dienstgeber und Dienstnehmer miteinander verhandeln. Alle Regelungen sollen einvernehmlich getroffen werden (75% Zustimmung). Sofern dieser Weg nicht zum Erfolg führt, entscheidet der zuständige Bischof oder die Synode. Anstelle von Betriebsräten wurden „Mitarbeitervertretungen“ (MAV) eingerichtet, die zwar über keine gleichwertigen Möglichkeiten wie ein Betriebsrat verfügen, aber als Regulativ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermittelnd auftreten kann.
Das kirchliche Arbeitsrecht kennt ja sogar die weitergehende Einschränkung, die Beschäftigten in ihrem Privatleben zu reglementieren und sogar ihre bürgerlichen Grundrechte einzuschränken. Dies ist in der Arbeitswelt ansonsten nur in wenigen Ausnahmen möglich.
Dies vorausgeschickt ist festzuhalten, dass das kirchliche Arbeitsrecht eine Sonderstellung hat, die durch eine von Ihnen vorgeschlagene Regelung in ihren Grundfesten erschüttert würde. Daher würde ich eine solche von Ihnen angedachte Initiative nicht mittragen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitta Martens