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Boris Rhein
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Frage von Peter A. •

Warum machen Sie Hessen nicht zum Wasserstoffland als Energiequelle?

Sehr geehrter Herr Rhein, warum sind wir (Hessen) keine Vorreiter in Sachen Wasserstoff (Brennstoffzellen) betriebene Busse? Warum sind wir keine Vorreiter in Sachen Brennstoffzellenheizungsanlagen? Warum gibt es keine Verordnung bzw. Vereinfachung, dass Solaranlagen bei Neubauten anzubringen sind, bei Öffentlichen Gebäuden diese nachrüsten müssen und endlich die Regelung wegfällt eine Firma gründen zu müssen um den Strom ins Netz einspeisen zu müssen (ein Hindernis ohne Ende)?! Warum ist Hessen kein Vorreiter in Sachen Wasserspeicherung? Warum gibt es keine Verpflichtung das Abwasser bei Neubauten zu sammeln und als z.B. Toilettenspülung wiederzuverwerten? Herr Rhein sie scheinen mir ein pfiffiges Kerlchen zu sein - holen Sie sich die Subventionen aus Brüssel vom Bund und setzen Sie sich mit den Städten/Kreisen/RMV etc. zusammen und revolutionieren Sie Hessen, bestimmen Sie einen der dies federführend/übergeordnet unter Ihrer die nächsten 5 Jahre umsetzt beginnend gestern. Vielen Dank

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Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Fragen, die Sie über „abgeordnetenwatch“ an mich gerichtet haben. Gerne möchte ich diese wie folgt beantworten:

Warum ist Hessen kein Vorreiter in Sachen Wasserstoff (Brennstoffzellen) betriebene Busse?

Hessen ist ein Vorreiter im Bereich der Brennstoffzellenbusse. Das Thema Brennstoffzellenbusse wird bereits seit 2015 durch das hessische Verkehrs­ministerium intensiv vorangetrieben.

In ganz Deutschland waren Stand Juni 2022 70 Brennstoffzellenbusse in Betrieb. Davon sind zwei Flotten mit insgesamt 16 Bussen in Hessen unterwegs (10 bei der ESWE in Wiesbaden und 6 bei der Fa. Winzenhöler im Industriepark Höchst).

Alleine in den letzten drei Jahren wurden große Fördermaßnahmen im ÖPNV umgesetzt bzw. über Förderbescheide eingeleitet:

Die Errichtung einer Brennstoffzellenbustankstelle bei der ESWE Wiesbaden wurde mit 1.000.000 € gefördert. Der Umbau der Wasserstofftankstelle im Industriepark Höchst zur Betankung von Brennstoffzellenbussen wurde mit 267.000 € Förderung unterstützt. Für die Beschaffung von 13 Brennstoffzellen­bussen der In-der-City-Bus GmbH in Frankfurt wurde ein Förderbescheid über 2.400.000 € übergeben. Die Errichtung einer Wasserstoff-Tankstelle bei der In-der-City Bus GmbH Frankfurt wurde mit 1.730.000 € gefördert.

Warum ist Hessen kein Vorreiter in Sachen Brennstoffzellenheizungs­anlagen?

Hessen ist ein Vorreiter im Bereich der Brennstoffzellenheizungsanlagen. In der Umsetzung des Hessischen Energiegipfels im Jahr 2011 hat sich die Hessische Landesregierung das Ziel gesetzt, die Markteinführung von Mikro-KWK-Anlagen im Ein- und Zweifamilienhäuser voranzubringen. Dazu wurde ein Programm zur Förderung innovativer Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (mit Brennstoffzellen) entwickelt, um die Technologie bei der Marktintegration zu unterstützen. Im Zeitraum 2014 bis zum Programmende 2016 wurden 44 Mikro-KWK-Anlagen mit Brennstoffzellentechnik erfolgreich in Betrieb genommen, die mit bis zu 17.500 € pro Anlage gefördert wurden. Es handelte sich um das erste Flächenförderprogramm dieser Art und erleichterte z. B. der Fa. Viessmann den Einstieg in die Serienproduktion.

Die Förderung der Mikro-Brennstoffzellen bestand neben einer finanziellen Zuwendung auch aus einer vom hessischen Wirtschaftsministerium finanzierten umfassenden fachtechnischen Begleitung der 44 Anlagen während der ersten zwei Jahre nach Inbetriebnahme.

Nach erfolgreichem Abschluss des Landesförderprogramms wurde am 1. August 2016 auf Bundesebene ein Förderprogramm für Brennstoffzellen­heizungen veröffentlicht. Eine finanzielle Förderung auf hessischer Ebene war somit nicht mehr erforderlich. Ergänzend wurde aber ein Informations- und Beratungsprogramm auf den Weg gebracht, um hessische Interessierte umfas­send über das Bundesförderprogramm 433 „Energieeffizient Bauen und Sanie­ren - Zuschuss Brennstoffzelle“ zu informieren und entsprechende kostenfrei Erstberatungen durchzuführen. Diese wurden über 200 Mal in Anspruch genommen.

Neben den Kleinanlagen wurden auch große Brennstoffzellenheizungsanlagen durch die Hessische Landesregierung gefördert. So wurde der Einbau einer Brennstoffzellenanlage in ein Rechenzentrum mit 450.000 € und in einem Passivhauskrankenhaus mit 250.000 € finanziell unterstützt. Es handelte sich bei diesen Projekten weltweit um die erste Brennstoffzellen­systemintegration, welche in diesen hohen Integrationsstufen in eine Rechen­zentrumsinfrastruktur und in ein Krankhaus mit Passivhausstandard eingebun­den wurde.

Warum gibt es keine Verordnung bzw. Vereinfachung, dass Solaranlagen bei Neubauten anzubringen sind, bei öffentlichen Gebäuden diese nach­gerüstet werden müssen und endlich die Regelung wegfällt eine Firma gründen zu müssen, um den Strom ins Netz einspeisen zu können (ein Hindernis ohne Ende)?

Regelungen zu einer Photovoltaik-Pflicht sind im neuen Hessischen Energiegesetz (HEG) geplant. Ab Inkrafttreten der HEG-Novelle besteht eine Photovoltaik-Pflicht auf landes­eigenen Gebäuden ab 50 qm Nutzfläche (Bestand und Neubau). Landeseigene Parkplätze im Neubau unterliegen ab 35 Stellplätzen einer Photovoltaik-Pflicht. Für nicht-landeseigene Parkplätze gilt dies im Neubau ab 50 Stellplätzen. Die HEG-Novelle soll zum 01.01.2023 in Kraft treten.

Mit dem neuen HEG wird auch die Hessische Bauordnung geändert. Dies ist relevant für Photovoltaikanlagen auf Reihen­häusern/Doppelhäusern. Der Abstand zum Nachbardach muss nur noch 50 cm sein bei normalen Solar-Modulen und 0 cm bei nicht-brennbaren Solar-Modulen (Glas-Glas-Module). Dies stellt eine erhebliche Verbesserung gegenüber der alten Regelung dar. Auch im geplanten Hessischen Klimagesetz ist eine Solarpflicht vorgesehen.

Neben den vorgenannten Entscheidungen zur Hessischen Solarpflicht wurde ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Förderung der solaren Nutzung auf den Weg gebracht (Stichwort Solarpaket).

Seit 2019 braucht es für neue Photovoltaikanlagen mit bis zu 10 Kilowatt Leistung keine Gewerbeanmeldung mehr. Das regelt das Gewerbesteuergesetz (§ 3 Punkt 32 GewStG):

„Von der Gewerbesteuer sind befreit stehende Gewerbebetriebe von Anlagen­betreibern im Sinne des § 3 Nummer 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, wenn sich deren Tätigkeit ausschließlich auf die Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf, an oder in einem Gebäude angebrachten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 10 Kilowatt beschränkt."

Leistet die neue Photovoltaik-Anlage mehr als 10 Kilowatt, braucht es eine Gewerbeanmeldung.

Warum ist Hessen kein Vorreiter in Sachen Wasserspeicherung?

In Hessen wurden in Sachen Wasserspeicherung bereits viele Regelungen und Maßnahmen umgesetzt. Nach dem Hessischen Wassergesetz sollen die Träger der öffentlichen Wasserversorgung und von ihnen beauftragte Dritte im Rahmen bestehender technischer und wirtschaftlicher Möglichkeiten auf eine rationelle Verwendung des Wassers hinwirken Die soll insbesondere durch die Begrenzung der Wasserverluste in den Einrichtungen der öffentlichen Wasser­versorgung auf das unvermeidbare Maß, die Verwertung von Betriebswasser und Niederschlagswasser, die Verweisung von Gewerbe­betrieben mit hohem Wasserbedarf auf Brauch- und Oberflächenwasser, eine Förderung des rationellen Umgangs mit Wasser durch die Gestaltung der Benutzungsbedingungen und -entgelte und die Beratung von Wassernutzenden bei Maßnahmen zur Einsparung von Wasser erfolgen.

Infolge des Klimawandels nehmen Extremereignisse spürbar zu: Durch längere Hitze- und Dürreperioden nimmt das Wasserdargebot regional ab, der Wasser­bedarf steigt hingegen. Zudem führen extreme Starkregen und die Überlastung der Kanalisation vermehrt zu Schäden insbesondere in dicht besiedelten Gebie­ten. In vielen hessischen Kommunen wurden in der Vergangenheit und werden derzeit vermehrt zusätzliche Wasserspeicher vor Ort (z.B. Zisternen) geschaf­fen, um Überflutungsrisiken zu mindern und gleichzeitig Trinkwasser zu substituieren.

Der trockene und warme Sommer 2022 hat jedoch auch gezeigt, dass einzelne Substitutionsmaßnahmen alleine nicht ausreichen, um z.B. die Wasserver­sorgung klimafester zu gestalten. Die Hessische Landesregierung hat daher vor dem Hintergrund des Klimawandels und den Anforderungen, die sich daraus für die Sicherstellung der Wasserversorgung ergeben, am 11. Juli 2022 den Zukunftsplan Wasser veröffentlicht (https://umwelt.hessen.de/sites/ umwelt.hessen.de/files/2022-07/zukunfts­plan_wasser.pdf).

Zu den im Zukunftsplan benannten Maßnahmen zählen u.a. die Förderung der Grundwasserneubildung durch Retention und Versickerung, der Schutz des Grundwassers vor Schadstoffeinträgen, der Ausbau von kommunenüber­greifenden Verbundsystemen oder die Mobilisierung von Einspar- und Substitu­tionsmöglichkeiten von Trinkwasser. Die Maßnahme „M 1.2: Förderung der Ressourcenschonung durch Speicherung und Nutzung von Niederschlags­wasser“ des Zukunftsplans Wasser greift Ihren Vorschlag auf und soll dazu beitragen, die Nutzung von Niederschlagswasser im gewerblichen Bereich, im Bereich Haushalt oder Garten, zur Stadtgrünbewässerung oder auch zur Lösch­wasserbevorratung zu intensivieren.

Es ist insofern festzuhalten, dass in Sachen Wasserspeicherung rechtliche Vorgaben und Initiativen des Landes Hessen geschaffen wurden, um eine verstärkte Umsetzung auf kommunaler Ebene zu ermöglichen. Aufgrund des Klimawandels sind diese Maßnahmen weiter zu intensivieren.

Warum gibt es keine Verpflichtung, das Abwasser bei Neubauten zu sammeln und z.B. als Toilettenspülung wiederzuverwerten?

Kommunen können nach den Vorgaben des Baugesetzbuches den Rückhalt von Regenwasser in Bebauungsplänen festsetzen. Auch können die Kommunen mit der Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr (getrennte Gebührenerhebung für Schmutzwasser und Niederschlagswasser) einen finan­ziellen Anreiz setzen, um Flächen zu entsiegeln und Niederschlagswasser vor Ort zu versickern oder zu speichern (z. B. in Zisternen) sowie das gespeicherte Wasser später während der Trockenzeiten zu nutzen. Einige Kommunen nutzen auch kommunale Förderprogramme, um den Bau von privaten Zisternen voranzubringen.

Letztlich haben aber die bestehenden Möglichkeiten noch nicht dazu geführt, dass der Bau von Regenwasserzisternen zum Standard für Neubauvorhaben geworden ist. Auch für eine nennenswerte Nachrüstung im Bestand reichen die Anreizsysteme jedoch nicht aus. Daher hat im Frühjahr 2022 die Umwelt­ministerkonferenz mit maßgeblicher Unterstützung der hessischen Umweltministerin die Bundesregierung gebeten, den Bau von Zisternen bei Neubauten gesetzlich zu regeln und die Nachrüstung im Bestand mit einer Förderung zu unterstützen. Gleichzeitig wurde die Bundesregierung gebeten, die gesetzlichen Regelungen für die Nutzung von Betriebswasser – zumindest in Wassermangelgebieten – anzupassen bzw. zu regeln.

Sehr geehrter Herr A., ich hoffe, ich konnte mit meinen Ausführungen Ihre Fragen beantworten und Sie über die hessischen Aktivitäten in den benannten Bereichen umfassend informieren.

Ich bedanke mich nochmals für Ihre Eingabe und wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Boris Rhein

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